Die Wise Guys sind die Vokal-Pop-Band Nummer 1. Wise Guys-Songschreiber Dän Dickopf über Bands, die vor Coolness kaum laufen können, Benefizkonzerte als Selbstverständlichkeit und den engen Bezug der Band zu Kirche.
Ausgabe: 2014/10, Wise Guys, Dän, Daniel Dickop, Mariendom, Konzert, Vokal-Pop, Frauenpriestertum, konservativ, Köln, Kardinal Meissner
05.03.2014 - Interview: Paul Stütz
Sie sind keine speziell religiöse Band. Wieso passen Wise Guys und Kirche dennoch so gut zusammen? Dän: Ich weiß nicht, ob „Wise Guys und Kirche“ zusammenpassen. Aber es gibt mit Sicherheit eine überdurchschnittlich hohe Anzahl von Fans, die sich auch für religiöse und soziale Themen interessieren. Ich denke, dass unsere Musik und unsere Texte fröhlich, lebensbejahend und positiv sind. Damit erreichen wir sicher eine andere „Klientel“ als Bands, die vor lauter Coolness kaum laufen können.
Bemerken Sie, dass bei der Kirchentour das Publikum ein anderes ist als bei anderen Konzerten? Dän: Dieses "Format" ist relativ neu für uns. Wir haben erst 2012 die ersten Konzerte dieser Art gemacht. Aber wir stellen fest, dass wir mit dieser deutlich ruhigeren Konzertform auch ältere Menschen erreichen, für die eine normale Wise-Guys-Show vielleicht einen Tick zu laut und zu schnell ist. Bei der Kirchentour (wir nennen sie aktuell nur noch "Unplugged-Tour") kann sich der Zuschauer den Luxus leisten, sich zurückzulehnen und einfach "nur" zuzuhören, die Musik, die Atmosphäre und den Raum zu genießen. Er muss nicht aufspringen und auch nicht mitklatschen. Das ist für viele Menschen eine wünschenswerte Art des Konzertgenusses. Und wir freuen uns, beides anbieten zu können.
Was mögen Sie am Singen in Kirchenräumen? Dän: Ich mag dieses „leise“ Singen. Wir verzichten bei diesen Konzerten bewusst auf das sonst obligatorische „In-Ear-Monitoring“; das heißt, dass wir keine Selbstbeschallung im Ohr haben, sondern den Sound mit der jeweiligen Charakteristik der Kirche genauso wahrnehmen, wie die Konzertbesucher das tun. Bei der letzten Tour hatten wir alle das Gefühl, dass unser musikalisches Niveau höher war als bei den normalen Konzerten. Außerdem „hampeln“ wir weniger rum. Die Choreografien werden reduziert. Und es macht zwar Spaß, sich bei den regulären Shows auszutoben, aber es ist auch mal sehr angenehm, einfach nur zu singen.
Wenn Sie in Kirchen singen: Wählen Sie Ihre Lieder besonders vorsichtig aus? Dän: Wir wählen mit Bedacht aus. Also eben mehr die musikalischen als die "Party"-Lieder...
Sie selbst sind katholisch sozialisiert, waren Messdiener. Ihr Vater hat bei Ratzinger studiert, wie steht es persönlich mit Ihrem Glauben? Beziehungsweise wie stehen Sie heute zur Kirche? Dän: Ich habe – nicht nur als Kölner – Probleme mit manchen Repräsentanten der Amtskirche, die den Eindruck erwecken, die Nachfolge Christi bewusst misszudeuten, um eigene Vorteile zu haben. Die Statussymbole einsetzen und nutzen, die mich anwidern, während in ihrer direkten Nachbarschaft Armut herrscht. Das empfinde ich teilweise als einen grotesken Anachronismus. Auf der anderen Seite verbinde natürlich auch ich einiges an Hoffnung mit dem neuen Papst, der hoffentlich das, was ihm ganz offensichtlich vorschwebt, auch gegen erwartbare massive Widerstände umzusetzen in der Lage ist.
Sie haben in mehrere Interviews Ihren Wunsch nach Reformen in der katholischen Kirche geäußert. Wie optimistisch sind Sie heute, dass etwa Frauen Priester werden? Dän: Ich hätte bis zum Papstwechsel diese Chance bei null angesiedelt. Jetzt hege ich die vage Hoffnung, dass ich Frauen im katholischen Priesteramt tatsächlich noch zu meinen Lebzeiten mitbekommen werde. Es ist nur eine Hoffnung. Aber immerhin. Es gibt für mich nicht den geringsten Grund dafür, Frauen nicht für das Priesteramt zuzulassen - außer natürlich dem Interesse, alte Machtstrukturen zu erhalten.
Die Wise Gyus haben 2013 den sehr renommierten Echo-Preis bekommen. Hat sich für Sie dadurch etwas persönlich verändert? Dän: Nein. Mein Leben hat sich dadurch absolut nicht verändert. Es gab zunächst einige Reaktionen auch im Alltags-Umfeld, weil viele das eben im Fernsehen gesehen haben. Aber mehr ist nicht passiert.
Die Wise Guys geben ständig Benefizkonzerte, sind sozial engagiert, was sind Ihre Beweggründe das zu tun? Dän: Es ist eine absolute Selbstverständlichkeit. Wir leben gut von unserem Hobby, das zum Beruf machen zu können wir das große Glück hatten. Es ist unsere Pflicht, soziales Engagement zu zeigen. Wir könnten sicher noch viel mehr tun. Sie haben zwei kleine Söhne, sind die schon Wise-Guys-Fans? Dän: Sie mögen das, was wir tun. Das freut mich sehr. „Fans“ sind sie nicht, dafür ist das für sie alles viel zu alltäglich. Wenn Papa zum Konzert muss, sind sie traurig, weil ich weg bin. Nicht stolz.
Singen Sie denen eigene Lieder zum Einschlafen (bzw. zu anderen Gelegenheiten) vor? Dän: Nein, komischerweise nicht. Wenn ich zu Hause bin, greife ich jeden Abend zur Gitarre, aber ich singe keine Songs von mir zum Einschlafen, sondern Beatles-Songs oder „Leaving on a jet plane“.
Wo kommen Ihnen Songschreiber die besten Ideen für Ihre Texte? Dän: Überall. Ich mache mir dauernd Notizen, wenn mir etwas einfällt. Das Ausarbeiten findet dann in unseren Kreativzeiten statt, die zweimal im Jahr für eine gute Woche am Meer oder in den Bergen steigen. Und ich arbeite sehr gerne in meiner Stammkneipe in Köln.
Sie haben eine feine ironische Klinge, machen sich in den Liedtexten etwa über die Bahn oder den Fitness-Wahn lustig. Die Kirche sparen Sie aber eher aus mit Kritik in den Liedern. Warum? Dän: Wahrscheinlich einfach deshalb, weil es – so traurig das klingt – mir zu „leicht“ und naheliegend ist, auf die Kirche draufzuhauen. Das machen Hunderte von Comedians und Kabarettisten – im Kölner Umfeld häufig quasi automatisch in der Hoffnung, dass Meissner (Anmerkung: Kölner Kardinal) oder sonstwer sofort empört reagiert, was dann wiederum den Bekanntheitsgrad des Künstlers steigert. Diese Mechanismen widern mich an, da halte ich mich lieber zurück. Witze auf Kosten der Kirche sind mir zu inflationär. Mutig finde ich es, wenn Komiker sich über Fundamentalisten lustig machen, die dann eventuell sogar eine Bedrohung für sie selbst darstellen könnten. Über die Kirche spotten ist nicht mutig. Finde ich.
Sie gelten als die netten Jungs von nebenan, sagen über sich selbstironisch, dass Ihnen für Berichte in der Bild-Zeitung Skandale fehlen. Vermissen werden Sie diese Art der ganz breiten Öffentlichkeit wohl nicht? Dän: Nein, definitiv nicht. Wir sind extrem glücklich, dass wir einen fast anonymen Alltag haben dürfen.
Konzert-Freikarten
WISE-GUYS unplugged im Linzer Mariendom. Am Samstag, 5. April gastiert die Band in Linz. Beginn des Konzerts: 20 Uhr. Es findet im Rahmen des Jubiläums „50 Jahre Bibelwerk Linz“ statt. n Die KirchenZeitung verlost zwei Karten für das Konzert in Linz an Jugendliche und Student/innen. Mail an office@kirchenzeitung.at bis Sonntag, 9. März schicken.