„Die offene Haltung der Vespern hat sich ausgezahlt“
Vor 40 Jahren kamen rund 1000 Jugendliche zu den Vespern in die Stiftskirche Kremsmünster. Heute sind es viel weniger und dennoch ist das Abendgebet spiritueller Fixpunkt. Die Jugendlichen erleben dabei, dass Glaube etwas sehr Lebendiges sein kann.
Ausgabe: 2014/19, Kremsmünster, Jugendvesper
06.05.2014
- Paul Stütz
Jugendvespern haben in Kremsmünster eine lange Tradition. Seit genau 40 Jahren findet das Abendgebet jeden dritten Freitag im Monat im Stift statt. Damals wie heute wird die Feier von Jugendgruppen selbst gestaltet. In der ersten Zeit war es normal, dass die Teilnehmer/innen mit Bussen aus ganz Oberösterreich und sogar aus Bayern angereist kamen. „Ich war nicht wirklich überrascht, dass es so viele waren. Wenn wir wirklich an den spirituellen Bedürfnissen der jungen Leute orientiert sind, funktioniert es“, meint Pater Nikolaus Zacherl, der die Jugendvesper nach dem großen Vorbild Taizé in Kremsmünster gegründet hat. Obwohl: ein wenig erstaunt sei er schon gewesen, als sich die jungen Katholik/innen selbst im Winter von der Eiseskälte in der Stiftskirche nicht vom Kommen abhalten ließen. Zentrale Idee sei gewesen, ein offenes Herz für Nöte der jungen Menschen zu haben, betont Pater Nikolaus Zacherl: „Die Jugendlichen durch die Vespern dort abholen, wo sie stehen.“
Aufbruch der Kirche
So wie Pater Nikolaus Zacherl kümmerten sich in den Siebziger und Achtziger Jahren einige junge Benediktinerpatres um die kirchliche Jugendarbeit. Darunter etwa Pater Arno Jungreithmair, der heute über die Vespern sagt: „Der Aufbruch der Kirche war zu spüren. Ähnlich wie das heute in der Dritten Welt der Fall ist.“ Die offene Haltung der Vespern habe sich jedenfalls „ausgezahlt“. So sind vom ehemaligen Vespernpublikum heute noch viele Menschen kirchlich engagiert. Auch für Petra Lindinger sind die Vespern der Achtziger Jahre mit ein Grund, dass sie heute für die Kirche arbeitet. „Es ist ein Glaube, der durchs Leben trägt.“ Die Regionskoordinatorin in der Region Kremstal kann sich erinnern, wie aufgeregt sie war, als sie als 14-jährige zum ersten Mal die Vesper in Kremsmünster mitgestalten durfte. Mit den jugendlichen Abendgebeten werde bis heute vermittelt: „Glaube ist nicht fad in der Kirche sitzen, sondern etwas sehr Lebendiges.“ Dass mittlerweile im Schnitt nur noch 50 bis 70 Jugendliche zu den Feiern kommen, hat dazu geführt, dass die Vespern in die kleinere Michaelskapelle übersiedelt sind. Das liegt zum einen an dem generellen Rückgang bei den praktizierenden Katholiken. Zum anderen hat die Vesper in den Regionen durch ähnliche Veranstaltungen Konkurrenz bekommen. Außerdem gibt es im Stift Kremsmünster nicht mehr so viele junge Patres für die Jugendarbeit, wie es früher der Fall war. „Die können wir aber auch nicht irgendwo herzaubern“, sagt Lindinger. Noch immer sei die Vesper jedoch ein spiritueller und lebendiger Fixpunkt in der Jugendarbeit um das Stift Kremsmünster. Und zumindest bei der Jubiläumsfeier am Freitag, 16. Mai wird es wohl wieder eine gesteckt volle Stiftskirche geben. Beginn der Vesper ist um 19.00 Uhr.