„Wie gefällt dir mein neues Kleid?“ – „Nett!“ „Wie war der gestrige Abend?“ – „Ganz nett!“ „Wie findest du seine neue Freundin?“ – „Ja, nett.“ Nett, so stelle ich immer wieder fest, ist selten Kompliment. Meistens ist es eine „nette“ Umschreibung für etwas, was man nicht so recht aussprechen möchte oder kann. Nett ist in Wirklichkeit nur die hinterlistige Schwester von grauenhaft und schrecklich. Wenn es wirklich gefällt, ist ein Kleid chic oder perfekt geschnitten. Ein Abend ist super gelaufen und eine neue Freundin ist mindestens attraktiv, liebenswert oder charmant.
Nett hat immer einen Beigeschmack. Wäre der Nachbar hilfsbereit, würden wir es ja sagen. Und auch, wenn die Bedienung im Gasthaus besonders freundlich wäre. Aber die beiden sind eben nur „nett“, nicht mehr. Sie stechen nicht heraus, fallen nicht auf, weder negativ, aber schon gar nicht positiv. Bei „eh nett“, „ganz nett“ und „... nett“ – also nett mit einer Pause voran, sollte man besonders misstrauisch sein. Da ringt jemand mit Worten, der nicht beleidigen will, aber auch nicht loben kann – weil es dazu wahrlich keinen Anlass gibt.
Und sagen Sie jetzt bitte nicht: „Nett geschrieben!“