Nur ein Held der Berge findet Edelweiß und erntet dafür die Bewunderung der Frauen. Oder so ähnlich. Ein Unter Uns von Josef Wallner.
Ausgabe: 32/2014, unter uns, Edelweiß, Held, Berge, Wandern
06.08.2014
- Josef Wallner
Aus den Bergsteiger-Filmen mit Luis Trenker in der Hauptrolle, die ich in meiner Kindheit gesehen habe, weiß ich es mit Bestimmtheit: Edelweiß wachsen nur an ganz ausgesetzten Stellen am Berg, zumeist an Felsüberhängen unweit eines Adlerhorstes, wo zusätzlich zu ihren gefräßigen Jungen die Adlereltern auch noch die unter strengem Naturschutz stehenden Blumen verteidigen und sich auf jeden Bergsteiger stürzen, der sich an ihnen vergreifen will. Konnten die Vögel mit ihren Krallen die Bergsteiger nicht vertreiben, so stürzten viele von ihnen ab. Wer trotz aller Widrigkeiten ein Edelweiß gepflückt hat und unversehrt ins Tal zurückgekehrt ist, der war ein Held. Ein richtiger Mann, dem die Bewunderung der Frauen nur so zuflog.
In der vorigen Woche sind alle meine Vorstellungen von Edelweiß aber geplatzt: Ich habe beim Bergwandern im Lungau nämlich Edelweiß gesehen. Die ersten in meinem Leben. Direkt neben dem Weg inmitten von Enzian und Kohlröschen. Wir haben uns ins Gras gesetzt und sie bestaunt. Auch ohne Felswand und Steinadler und auch wenn ich kein Held der Berge geworden bin, weil die Edelweiß nämlich meine Frau entdeckt hat, sind diese seltenen Blumen faszinierend. Einfach eine Freude, sie anzuschauen.