Im Flüchtlingslager Kigeme in Ruanda leben 20.000 Menschen, die vor dem Krieg im Kongo das Weite gesucht haben. Mehr als die Hälfte davon sind Kinder. Pater Alexis hilft ihnen, die traumatischen Erlebnisse aufzuarbeiten. Mit Gebet, Spiel und Bildung.
Ihr Leben hat sich verändert. Schlagartig. Die Kämpfe zwischen den kongolesischen Streitkräften und den verschiedenen Rebellengruppen in der Provinz Nord-Kivu an der Grenze zu Ruanda zwingen die Bewohner in den Dörfern, ihre Heimat zu verlassen. Die Menschen werden bedroht, misshandelt, vergewaltigt und ihre Häuser in Brand gesteckt. Da bleibt nur noch die Flucht.
Flüchtlingskinder
1994 haben die bewaffneten Konflikte in der Region Nord-Kivu begonnen. Grund dafür sind ausschließlich die natürlichen Ressourcenvorkommen in diesem Gebiet. Begehrt ist vor allem Coltan, das zur Herstellung von Handys verwendet wird. Im Nord-Kivu gibt es eine von den Kongolesen nicht akzeptierte Minderheit, die Kinyarwanda spricht, die Muttersprache Ruandas, da dieser Landesteil vor der Kolonialzeit zu Ruanda gehörte. Im Krieg um die natürlichen Ressourcen sind sie nun die ersten Opfer. „Seit Juli 2012 flüchten die Menschen in Massen aus dem Nord-Kivu nach Ruanda. Von den 20.000 Flüchtlingen in Kigeme sind 12.000 Kinder. Viele sind Halbwaise oder als Vollwaise völlig auf sich allein gestellt“, erzählt Pater Alexis Ndindabahizi.
Dunkles Kapitel
Auch Ruandas Geschichte ist von dunklen Kapiteln geprägt. So sind 1994 beim Völkermord von Ruanda 800.000 bis zu einer Million Tutsi und Hutu getötet worden. Auch wenn heute Frieden im Land ist, sind die Menschen immer noch mit der Aufarbeitung des Genozids beschäftigt. Die aktuelle Lage im Nord-Kivu hat mit diesen ethnischen Konflikten aber nichts zu tun.
Aktivitäten
Traurig, verloren und erschöpft sind die jungen Menschen, wenn sie in Kigeme ankommen. Sie haben Schlimmes erlebt, sind traumatisiert. „Wir von der Diözese versuchen über das gemeinsame Gebet und das Feiern der heiligen Messe mit ihnen Kontakt aufzunehmen und ihnen ein Stück weit Geborgenheit zu geben“, berichtet der ruandische Ordensmann. Die Kirche bietet zudem verschiedene Angebote an, die sowohl für Christen als auch Nichtchristen offen stehen. Es gibt Fußball- und Volleyballturniere, Spielplätze, Karatetrainings, Mal- und Tanzkurse.
Ausbildung
Ein Team von Koordinatoren, darunter Pater Alexis, Jugendarbeitern und Kinderbetreuern, die selber Flüchtlinge aus dem Kongo sind, kümmern sich ehrenamtlich um die Flüchtlingskinder. Neben den Freizeitaktivitäten gibt es auch Ausbildungsmöglichkeiten zum Friseur, Schneider oder Automechaniker. „Derzeit machen 80 Jugendliche eine Ausbildung. Aber es gibt noch Tausende, die bisher keine Chance hatten, einen Beruf zu erlernen, da uns die Mittel für mehr Ausbildungsplätze fehlen“, so der Priester. Jeder Flüchtling hat einen Ausweis und darf das Lager verlassen; so können sie nicht nur innerhalb des Camps arbeiten, sondern auch außerhalb des Lagers, z. B. als Kraftfahrer. Frei zugänglich für Flüchtlinge sind auch das Krankenhaus und die Schule, die an das Camp angrenzen.
Integration
Die heilige Messe wird im Lager auf einem Platz unter freiem Himmel gefeiert. Ziel von Pater Alexis ist, die Kapelle im angrenzenden Ort Kigeme auszubauen, damit Flüchtlinge und Einheimische in Zukunft dort gemeinsam beten können. „Das ist wichtig“, sagt Fr. Alexis, „so entsteht Gemeinschaft. Das ist der Schlüssel zur Integration.“
Weltmissions-Sonntag 2014
Der Weltmissions-Sonntag steht heuer im Zeichen der Flüchtlinge und findet am 19. Oktober statt. Weltweit wird an diesem Tag in allen Pfarren für Bedürftige gesammelt und gebetet. www.missio.at/wms