Advent ist eine Zeit, in der ich das Zentrum der Stadt Salzburg, in der ich lebe, zu meiden versuche. Alles erstrahlt im Lichterglanz und es sind unheimlich viele Leute mit unglaublich großen Erwartungen unterwegs. Ich weiß nicht, was sie sich erwarten – wohl weniger die Wiederkunft des Herrn als ein schönes Ereignis in der Stadt.
Ich gehe dem aus dem Weg, denn in meiner Kindheitserinnerung ist Advent eine „arme Zeit“. Meine Großmutter hat streng auf das Fasten gehalten. Da gab es zum Beispiel Gerstensuppe. Mir hat das nicht besonders geschmeckt, aber es hat erfolgreich den Hunger gestillt. Es gab eine einfache Kost, mit der man gut leben konnte. Heute gibt es genügend Leute, die so etwas bräuchten.
Bei meinen Eltern, die als Hüttenwirte arbeiteten, war der Advent die Zeit, in der überhaupt kein Geschäft gegangen ist: Da geht kein Mensch mehr auf den Berg. Folglich wurde die Not sichtbar. Das hat sich für mich immer erst gelöst mit dem Entzünden der Kerzen auf dem Christbaum. Die Mutter hat am Christtag einen Schweinsbraten gemacht. Das war ganz etwas Besonderes, ein wirkliches Festessen.
Wenn ich in die heutige Zeit hineingeboren wäre, würde ich im Advent vielleicht auch am Christkindlmarkt stehen, Glühwein trinken und eine Gaudi haben. Aber Gaudi stand im Advent meiner Jugend eher weniger auf dem Programm. Und so verbringe ich den Advent heute ruhig mit Lesen und höre Musik.
Aufgezeichnet von Heinz Niederleitner.Sepp Forcher ist der bekannte TV-Moderator von „Klingendes Österreich“. Als Sohn Südtiroler Eltern kam er 1940 ins Land Salzburg. Er war unter anderem Bergführer, Hütten- und Stadtwirt. Forcher ist heute auch erfolgreicher Buchautor. Zuletzt erschien das Buch: Sepp Forcher, Das Glück liegt so nah. Warum wir auf Österreich stolz sein können. (Christian Brandstätter Verlag)
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