22.12.2014 - Franz Kogler , Leiter des Bibelwerkes Linz
Was an Jesus begeisterte, war zunächst sein Leben. Es endete am Kreuz. Seine engsten Freunde bekannten aber: „Er wurde auferweckt“. – Dies alles finden wir im ältesten Evangelium, dem Evangelium nach Markus. Offensichtlich fragte man aber später auch nach der Herkunft Jesu – und versuchte diese im Licht des Glaubens zu formulieren. Jesus kommt in Wahrheit – so die Aussagen bei Matthäus und Lukas – von Gott, ja er ist der Sohn Gottes, und zwar schon von der Empfängnis an. Diese Glaubensaussagen werden in Geschichten verdichtet und weitererzählt. So finden wir bei Matthäus andere Erzählungen als bei Lukas – aber immer um den Kern kreisend: Woher kommt dieser Jesus? Zur Zeit der Abfassung des Johannesevangeliums war die Herkunft Jesu keine Frage mehr. Es wird von allem Anfang an festgehalten: „Am Anfang war das Wort …“. In der Liturgie wird bei uns zu Weihnachten der vertraute Text aus dem Lukasevangelium gelesen, wo im Mittelpunkt der Schalom, der von den Engeln besungene Friede, steht.
Ein ganz anderer Friedensbringer
Oberflächlich hat es den Anschein, als ob in diesem Text Augustus wichtig wäre. Doch dieser darf nur als „Antityp“ dienen. Unter ihm hat sich das „Aufzeichnenlassen“ ereignet, das drei Generationen später den Leuten noch in den Knochen steckte, weil jede Eintragung in Listen immer auch mit Registrierung und Ausmusterung für den Krieg verbunden war. Im Gegensatz dazu wird erst ganz am Ende derjenige ausdrücklich mit Namen genannt, um den es wirklich geht, nämlich Jesus, und dieser Name bedeutet „Jahwe rettet“. Kaiser Augustus hat sich selbst als Friedensbringer gesehen und mit göttlichem Glanz umgeben. In einer Inschrift aus dem Jahre 9 v. Chr., die in dem kleinasiatischen Städtchen Priene gefunden wurde, wird der Geburtstag des Kaisers entsprechend gerühmt: „Dieser Tag ... hat der Welt ein anderes Gesicht gegeben. Sie wäre dem Untergang verfallen, wenn nicht in dem heute Geborenen für alle Menschen ein gemeinsames Heil aufgestrahlt wäre ... Jedem Krieg wird er ein Ende setzen und alles herrlich machen ... Es ist unmöglich, dass je ein Größerer käme. Mit dem Geburtstag des Gottes beginnt für die Welt das Evangelium, das sich mit seinem Namen verbindet.“ Lukas erzählt genau diese Inhalte – aber von einem ganz anderen Friedensbringer. Dieser ist kein Unterwerfer, kein Beherrscher, keiner auf hohem Ross, einer ohne prächtige Gewänder, ohne Waffengewalt. Alle Lesenden und Hörenden sind eingeladen, mit den Hirten zu gehen in eine Welt, in der der Friede Gottes sich ausbreitet und Menschen ihr Augenmerk ganz auf das Kind in der Krippe legen. Die Engelsbotschaft (an uns!) macht deutlich, wer Jesus seinem Wesen nach ist: „Heute ist euch der Retter geboren in der Stadt Davids; er ist der Christus (= der Messias, der Gesalbte), der Herr.“