Ein Mann erzählt von seiner Liebe zu einem Mann. Ein Unter Uns von Ernst Gansinger wie Vorurteile mit dem Herzen abgebaut werden.
Ausgabe: 2015/6
03.02.2015
- Ernst Gansinger
„Mein Mann“, sagt der Mann, der hinter der Theke die Getränke herrichtet. – Tatsächlich, er erzählt von seinem Mann! Das Ohr rebelliert: „Mein Mann“, das sagt eine Frau, aber doch kein Mann! Und dann schickt sich dieses Ohr an, die Botschaft ins Gehirn zu schicken: „Vorsicht, da redet einer von seinem Mann. Was willst du damit anfangen?“, fragt das Ohr das Gehirn. Das andere Ohr schickt die Botschaft aber zum Herzen: „Hör zu“, sagt es, „da spricht einer ganz liebevoll von seinem Mann. Hör einmal genau hin, was der Mann von seinem Mann zu sagen weiß. Dass er ihn bewundert, dass er ihn mag, wie gut sie sich verstehen.“ Das Hirn-Ohr hat mittlerweile die empfindlichsten Bezirke im Hirn erreicht und hetzt dort vom Bewusstsein zum Unterbewussten, vom Anstand zum Vorurteil und zu den Vorständen der Bezirke „Wo-kommen-wir-da-hin“ und „Das-darf-nicht-Sein“. Das Herz-Ohr dagegen ruht im Herzen und hört zu und hat auch das Herz zum Zuhören ermutigt. Und so hören sie, wie ein Mensch davon spricht, wie er einen anderen Menschen mag, wie sehr sie sich lieben. Wie sehr sie sich achten. Und das Herz-Ohr weint im Herzen, weil so wenig mit dem Herzen gehört wird. Und das Hirn-Ohr lacht im Hirn, weil sooft das Vorurteil siegt.