Europameisterlich ist die Atmosphäre in der St. Pöltner Landessportschule. 16 katholische Fußball-Priesterteams messen sich in der letzten Februarwoche. Für Österrreich reicht es trotz tollem Start nicht für einen Spitzenplatz.
Ausgabe: 2015/10, Priester-EM, Fußball, Tomic
03.03.2015
- Paul Stütz
Volle Tribünen, laute Sprechchöre, fahnenschwenkendes Publikum. Aus den heimischen Pfarren sind einige kleine „Fanclubs“ in die niederösterreichische Landeshauptstadt gereist. Der Ehrgeiz unter den Geistlichen ist groß. Die slowakischen Priester wirken beim Turnierstart sogar etwas übermotiviert und probieren es mit Härteeinlagen gegen die Portugiesen. Es soll in dem ansonsten sehr fairen Turnier relativ wenig nutzen. So setzt sich die technisch bessere portugiesische Mannschaft mit 1 : 0 durch. Eine Stunde später steigt Österreich mit dem ersten Spiel ein und sorgt gleich für ein Stimmungshoch. In einem spannenden Spiel schaffen die heimischen Priester knapp ein 2 : 1 gegen Montenegro. Das haben Österreichs „Himmelsstürmer“ besonders zwei Kickern zu verdanken. Zum einen Tormann und Kapitän Hans Wurzer. Der athletische Pfarrer von Ybbs und zugleich Organisator der Heim-EM fischt mit seinen 53 Jahren viele Bälle vor der Torlinie. Wie groß seine Einsatzbereitschaft ist, wird sich noch im weiteren Verlauf zeigen, der für Österreich nicht ganz so positiv ist.
Priester sind keine Exoten
Zum anderen zählt der Welser Kaplan Niko Tomic zu den besten Spielern am Platz. Er sichert nach hinten ab, bringt Ruhe ins Spiel, verteilt die Bälle. Tomic, vor EM-Start von einer Boulevardzeitung zum Fußballgott geadelt, freut sich über die Sympathie, die den kickenden Priestern entgegengebracht wird. „Die Leute sehen, dass wir Priester normale Menschen sind und keine Exoten“, sagt Tomic im Gespräch mit der KirchenZeitung. Die Freundschaft unter den 220 mitspielenden Priestern ist ihm jedenfalls wichtiger als ein möglicher EM-Sieg, betont er. Ein Wiedersehen unter Freunden ist auch die Begegnung zwischen Tomic und Andrej Lishko aus Weißrussland. Lishko studiert in Deutschland, wirkte zuvor in seinem Heimatland als Kaplan und Pfarrer. Er hat die Priester-EM im vergangenen Jahr in Weißrussland organisiert. Mehrere tausend Zuschauer kamen dort zu den Spielen. „Bei uns in Weißrussland sagt man, dass ein Pfarrer mehr Ministranten hat, wenn er Fußball spielt“, berichtet Lishko.
Der Bischof im Tor
Auch der quasi ranghöchste Spieler des Turniers tickt ähnlich. „Sport ist so wichtig für die spirituelle und intellektuelle Gesundheit“, sagt László Kiss-Rigó, Bischof der südungarischen Diözese Szegedin-Tschanad und Tormann der Ungarn. Warum er der einzige Bischof bei der Priester-EM ist? „Es ist nicht mein Fehler“, lacht er und sagt: Immer vor dem Computer zu sitzen, das könne es auch für einen Geistlichen nicht sein. Als er zum Priester ausgebildet wurde, habe es an jedem ungarischen Priesterseminar Fußballakademien gegeben, erzählt der 59-Jährige. Kiss-Rigó spielte selbst in der zweithöchsten ungarischen Klasse als Tormann. Ein guter Goalie dirigiere sein Team, gebe ihm Sicherheit, genauso wie das ein Bischof machen müsse, zieht er seine Parallelen. Bei dem EM-Turnier sind es aber gerade die Mitspieler, die ihren „Chef“ besonders schützen wollen. Sie bilden um Kiss-Rigó eine „Menschenmauer“, wie sich ein kasachischer Gegenspieler ärgert. Eine Strategie, die den Ungarn immerhin Platz 6 bescheren wird. Deutlich vor Österreich, das am Ende Rang 13 schaffte. Wie läuft es aber für Österreichs Kapitän Hans Wurzer? Am ersten Tag entgeht er dem Spital trotz blutender Lippe nur knapp. Am zweiten Spieltag muss er dann doch ins Krankenhaus. Kühn wirft sich der Tormann dem „Gegner“ entgegen und handelt sich eine Luxation ein. Keine zwei Stunden später ist er schon wieder im Sportzentrum: Die Siegerehrung will er sich keinesfalls entgehenlassen. Dort wird EM-Sieger Portugal gebührend gefeiert. Die Südeuropäer haben im Endspiel gegen Titelverteidiger Polen knapp mit 1 : 0 gewonnen.
Die Priester-EM-Ergebnisliste 1. Portugal 2. Polen 3. Bosnien 4. Kroatien 5. Slowakei 6. Ungarn 7. Rumänien 8. Montenegro 9. Ukraine 10. Weißrussland 11. Slowenien 12. Italien 13. Österreich 14. Kasachstan 15. Albanien 16. Deutschland