In der Stiftskirche Garsten gehören Glühbirne und Heiliger Geist zusammen. Ein Unter Uns von Josef Wallner.
Ausgabe: 2015/12
17.03.2015
- Josef Wallner
Mich beeindruckt die Stiftskirche Garsten mit ihren Fresken und Bildern. Und erst vor wenigen Tagen bin wieder auf etwas gestoßen, das ich bislang nicht beachtet habe. Ich habe keine kunstgeschichtliche Entdeckung gemacht, eher eine spirituelle. Am Anfang stand aber einmal die Verwunderung: Was macht auf dem barocken Schalldeckel der Kanzel ein milchig-weißer Lampenschirm? Vermutlich 200 Jahre jünger als die Kanzel. Die Unterseite des Schalldeckels ziert die Darstellung einer Taube, unschwer als Heiliger Geist zu interpretieren. Die Prediger, die sie einst benutzten, sollten ganz vom Heiligen Geist erfüllt sprechen, sie durften vertrauen, dass der Heilige Geist bei ihnen ist, wenn sie das Wort Gottes auslegen. Aber so mir nix, dir nix wollten sie sich dem Heiligen Geist auch nicht überlassen. Darum ist gleich beim Kopf der Geisttaube eine Lampe montiert. Sie ist so angebracht, dass ihr Licht auf das Pult scheint, wo die Prediger ihr Manuskript ablegen konnten. Das Vertrauen auf die Erleuchtung durch den Heiligen Geist erspart nicht die – in den meisten Fällen schriftliche – Predigtvorbereitung. Erleuchtung durch eine Glühbirne und durch den Heiligen Geist sind kein Gegensatz. Im Gegenteil: Sie gehören zusammen.