„Auch du wirst gehn aus deinem Grab“ nennt ein Lied zur Osterzeit (Gotteslob 337) die Hoffnung der Christen: Jesu Auferstehung hat auch Auswirkungen auf uns.
Ausgabe: 2015/17, Wandinger, Auferstehung
21.04.2015
Viele Menschen, vielleicht sogar gläubige Christ/innen, tun sich schwer mit dem Glauben daran, dass unsere Verstorbenen und einmal auch wir selbst vom Tod auferstehen werden. Zu fantastisch, jenseits unserer Lebenserfahrung scheint dies zu sein. Wir haben eine tolle Medizin, die sogar Herzen verpflanzt, aber wenn nicht einmal sie mehr helfen kann, dann ist es eben vorbei. Sollte man sich damit nicht einfach realistischerweise abfinden? Das Christentum wäre ja trotzdem eine wunderbare Botschaft von Frieden und Gerechtigkeit. Was bliebe, wäre eben eine gute Moral. Schon zur Zeit des Apostels Paulus dürften Menschen ähnlich gedacht haben. Paulus widerspricht ihnen aufs Schärfste: „Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos.“ (1 Kor 15,13–14). Paulus geht so weit zu sagen: Ohne Auferstehung ist der christliche Glaube – inklusive seiner Moral – sinnlos. Und in der Tat: Aus welchem Grund sollte man für seine Nächsten, ja sogar für seine Feinde, eintreten – unter Umständen bis zum eigenen Tod –, wenn dieser Tod dann das Letzte und Unwiderrufliche wäre? Ohne Auferstehung wäre christliche Moral eine Verlierermoral. Mit Auferstehung ist sie eine Siegermoral – allerdings sehen die Siege anders aus als jene, die wir gewöhnlich so nennen. Christus hat durch das Kreuz gesiegt, auch wir werden nicht ohne Kreuz siegen, aber der Glaube daran, dass wir trotz all des Schlimmen in der Welt, trotz Krieg und Gewalt, ja sogar trotz des Todes ewig leben können, ändert alles und ist darum zentral.
Anders sein
Wie aber soll man sich das vorstellen? Nicht alles, was Gläubige oder Theologen in der Vergangenheit gesagt haben, gehört zum Glaubensgut der Kirche. Vor 1000 Jahren wussten die Menschen nichts von Herztransplantationen. Zum Glauben der Kirche gehört aber, dass wir nicht bloß als leibfreie Seelen weiterleben werden, sondern als ganze Menschen mit einem Leib. Schon das Neue Testament wollte zeigen, dass Jesus derselbe und doch ganz anders war. So dürfen wir uns das auch bei uns denken. Es gehört zum Menschsein einen Körper zu haben. Über unseren Körper tauschen wir Zuneigung aus, stellen wir Beziehungen her, erleben wir die Welt. Wenn wir im ewigen Leben auch noch Zuneigung austauschen, Beziehungen zu Gott und den Menschen aufnehmen und etwas erleben, dann werden wir dort einen Leib haben. Aber der wird anders sein als unser jetziger Leib: ohne Krankheit, ohne Tod, ja vielleicht auch ohne Ausdehnung und Ort im gewöhnlichen Sinn. Unsere Leiblichkeit könnte dann unser Beziehungsnetzwerk sein. Dafür spielt es dann auch keine Rolle, ob wir zu Lebzeiten das eigene oder ein fremdes Herz im Leib hatten. Geht nicht? Angesichts der unsere Vorstellungskraft bei weitem übersteigenden Theorien der Physik – Urknall, kosmische Fäden, Relativitäts- und Quantentheorie etc. – sollten wir vorsichtig sein, etwas für unmöglich zu halten, nur weil wir es uns nicht vorstellen können. Und was ist mit der „Seele“? Auch sie müssen wir uns nicht als ein seltsames Gespenst denken, sondern als Identitätsprinzip, das dafür sorgt, dass ich noch derselbe bin, der ich vor dem Tod war. Auch wenn unser irdischer Körper zerfällt, auch wenn wir nicht wissen, wie unser Auferstehungsleib beschaffen sein wird, jeder und jede von uns wird die einmalige Person bleiben, zu der er/sie im Leben geworden ist. Nochmal: Können wir uns das vorstellen? Nicht so ganz. Muss uns dies hindern, daran zu glauben? Ich denke nicht, denn ich bin überzeugt: Unser Glaube ist nicht sinnlos.