Die eigenen Bedürfnisse zu zeigen, tut manchmal gut. Minka weiß, wie's geht. Ein Unter Uns von Christine Grüll.
Ausgabe: 2015/21
19.05.2015
- Christine Grüll
Wir haben gelernt, uns zu beherrschen. Ärger, Verliebtsein, Traurigkeit tragen wir nicht offen vor uns her. Und hoffen gleichzeitig, dass jemand unsere Gefühle erkennt. Unser Kater lässt sich auf solche Spekulationen gar nicht erst ein.
Er ist meistens sehr zurückhaltend. Das war er schon immer. Als wir ihn bekommen haben, hat er uns verschwiegen, dass er eigentlich ein Manderl ist. Den weiblichen Namen Minka nimmt er hin. Was er nicht hinnimmt, ist fehlende Zuwendung. Wenn er morgens eingelassen wird – er verbringt die Nacht im Freien –, sitzt er auf dem Küchenboden und hofft auf eine streichelnde Hand. Lässt diese auf sich warten, beißt er in die nächste Zehe. Das Streicheln folgt prompt.
Letztens musste ich ihn zum benachbarten Tierarzt tragen. Das Tragen hat ihm gut gefallen, die Behandlung beim Arzt hingegen weniger. Das hat er mich spüren lassen. Als ich ihm am nächsten Morgen die Haustür öffnete, schaute er mich finster an, drehte sich langsam um und ging wieder in den Garten. Verächtlich, wie mir schien. Aber er hat mir verziehen – mit dem Geschenk einer toten Maus auf dem Fußabstreifer.
Minka hat schon ganz recht: Die eigenen Bedürfnisse anzusprechen oder zu zeigen, das tut manchmal gut. Es muss ja nicht gleich mit einer Maus sein.