Einen kirchlichen Aufschrei löste Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer aus, weil er Verständnis für den von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner angekündigten Verfahrensstopp zeigte und schärfere Grenzkontrollen forderte. Caritasdirektor Franz Kehrer nannte es Angst-Schüren und Wechseln von politischem Kleingeld.
Ausgabe: 2015/26
23.06.2015
- Ernst Gansinger
Dr. Bert Brandstetter, Präsident der Katholischen Aktion, zeigte sich erschrocken, dass der Landeshauptmann wie die FPÖ die Wiedereinführung von temporären Grenzkontrollen verlangt. Ein Christ müsse helfen, wenn jemand in Not ist, sagte Brandstetter. Kehrer ortete im Vorstoß Pühringers ein Zeichen der Überforderung mit der Situation.
Gekränkt nach Kritik
Landeshauptmann Pühringer sagt im Gespräch mit der KirchenZeitung, dass ihn die Reaktionen aus der Kirche nicht nur überrascht, sondern auch gekränkt haben. An Caritas-Präsident Kehrer schrieb er einen „freundlichen offenen Brief“. Darin hält er fest, hohen Respekt vor den Leistungen der Caritas bei den vielfältigen humanitären Aufgaben zu haben. Es müsse aber erlaubt sein, „auch von verdienstvollen Organisationen wie der Caritas Fairness einzufordern“. Nicht Angst wolle er machen, sondern die Ängste der Bevölkerung ernst nehmen. Die Menschen seien zutiefst verunsichert durch den herrschenden Zustrom an Asylwerbern. Manchmal schlage die Verunsicherung in Wut um. „Darauf hat verantwortungsvolle Politik zu reagieren.“ Der Landeshauptmann sieht in den Grenzkontrollen die einzige Möglichkeit, „endlich zu einer gerechteren Verteilung der Flüchtlingsströme in Europa zu kommen“. Nur zehn der 28 Mitgliedsstaaten der EU nehmen derzeit 90 Prozent der Flüchtlinge auf. Österreich sei gemeinsam mit Schweden – gemessen an der Bevölkerungszahl – das Zielland Nummer 1.
Großquartiere
Mit Bert Brandstetter, der meinte, Christ könne man nicht nur sein, wenn die Sonne scheint, führte der Landeshauptmann ein Gespräch. Beide sagen, beim anderen Verständnis gefunden zu haben. Brandstetter habe nicht einer Person, sondern einer Haltung das Christsein abgesprochen. „Sich Notleidenden gegenüber ablehnend zu verhalten, wäre so ein Punkt in der aktuellen Situation.“ Er verstehe die Lage des Landeshauptmanns, dass ein Land wie Österreich oder gar Oberösterreich dem großen Flüchtlingsansturm gegenüber ziemlich hilflos ist, wenn es zugleich kaum Angebote für angemessene Quartiere gibt. Spürbar helfen würden in dieser Situation laut Pühringer nur Großquartiere.
Kleinere Quartiere
Soziallandesrätin Jahn will an überschaubaren Quartiergrößen festhalten. Das bringe die nötige Akzeptanz in der Bevölkerung. Alle oberösterreichischen Bezirke sollten 50 Aslwerbende aufnehmen. EU-Abgeordneter Dr. Josef Weidenholzer nennt den Vorschlag schärferer Grenzkontrollen nicht vereinbar mit geltendem EU-Recht. Zudem würden aufgegriffene Flüchtlinge Österreich erst recht zu Asylhandlungen verpflichten.