Die griechische Politik hat in vieler Hinsicht die Misere im Land verschuldet. Trotzdem darf Griechenland nicht im Stich gelassen werden. Hilfsprogramme sind geplant. Kommentar von Heinz Niederleitner
Ausgabe: 2015/25, Lösung, Griechenland, EU, Politiker
07.07.2015 - Heinz Niederleitner
„Du trage, was dich trifft, denn wahrlich, unverdient trifft es dich nicht!“ Für viele Beobachter dürfte in diesem Satz aus Grillparzers „Medea“ eine Antwort auf die aktuelle griechische Tragödie liegen. Dass vor allem die griechische Politik an der Misere, in der das ganze Land steckt, in vieler Hinsicht schuld ist, ist klar. Es soll zum Beispiel daran erinnert sein, dass Griechenland jahrelang falsche Budgetdaten nach Brüssel gemeldet hat.
Aber wäre ein Zurückziehen auf die Haltung „selber schuld“ gerecht? Offenbar beschleichen EU-Politiker zu Recht Zweifel. Denn rund um die griechische Abstimmung wurden humanitäre Hilfsprogramme für die Hellenen ins Auge gefasst. Zwar hat auch die griechische Gesellschaft die Misere mitzuverantworten, wenn man zum Beispiel an den offenkundig laschen Umgang beim Zahlen von Steuern denkt. Hier geht es nicht um Vorurteile, sondern um Daten, die Ökonomen ansprechen. Dennoch wäre es falsch zu sagen, jeder Bewohner Griechenlands sei in gleichem Maße daran schuld. Korruption zum Beispiel schadet immer denen, die keine oder wenige finanzielle Mittel haben. Profiteure sind jene, die Geld haben, und jene, die an Machtpositionen sitzen.
Europa steht jetzt vor einer Gratwanderung: Es darf sich nicht weiter von der griechischen Regierung zum Besten halten lassen und damit ungerecht gegenüber gebeutelten Ländern wie Spanien sein, die auch harte Reformen ertragen müssen. Gleichzeitig muss man aber jenen helfen, die in Griechenland am meisten leiden. Schwierig ist das auch deshalb, weil das kaum ohne Tsipras und Co. gehen wird. Heinz Niederleitner