Das Leben radikal teilen. Orden geht prophetisch voran
Ausgabe: Spanien, Ceuta, Isidoro Lezano, Marokko, Gibraltar, Brüder vom Weißen Kreuz, Rotes Kreuz, Psychiatrie, Drogenabhängige, Aidskranke, Behinderte, Carlos F. Barberá
28.07.1998 - Kirchenzeitung der Diözese Linz
Als junger Soldat wurde der auf den Kanarischen Inseln geborene Isidoro Lezcano von Spanien nach Nordafrika versetzt. Doch Ceuta, die spanische Hafenstadt an der marokkanischen Mittelmeerküste gegenüber Gibraltar, ließ Isidoro nicht mehr los, selbst als sein Militärdienst beendet war. Als Meteorologe verdiente er seinen Lebensunterhalt, sein Herz aber schlug für Notleidende und Kranke. Der freiwillige Helfer beim Roten Kreuz lernte dabei das psychiatrische Krankenhaus kennen. Das Schicksal dieser Kranken ließ ihn nicht los, er wollte ganz für sie dasein. So mietete er in der alten Festungsstadt ein kleines Häuschen, um den Geisteskranken ein neues Zuhause bieten zu können.Spannungsreiche RuheDiese Ereignisse in Ceuta vor 20 Jahren markieren den unspektakulären Beginn eines neuen Ordens – der „Brüder vom Weißen Kreuz“. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Kirche Spaniens in spannungsreicher Ruhe. Es schien, als würde der Geist Gottes gerade wieder einmal Gläubige dorthin führen, wohin sie nicht zu gehen gedachten. Gerade hatte die Kirche die 60er Jahre hinter sich gelassen. Eine Zeit, in der sie sich als konservativ und verschlossen zeigte, eng mit dem politischen Regime der Diktatur verbunden. Erst die 70er Jahre brachten die großen Entdeckungen des Konzils. Heute prägt eine radikale Säkularisierung das Land, deren Ursache in den Reformen der Kirche liegt; den einen sind sie nicht weit genug gegangen, andere haben Angst, sie könnten zu weit gehen. Letztlich haben sich beide Gruppen in ihre Winterquartiere zurückgezogen und versuchen, Probleme tunlichst zu vermeiden.Doch in dieser spannungsreichen Ruhe sind es nicht selten Orden, die dem Ruf zur Erneuerung folgen. Die „Brüder vom Weißen Kreuz“ sind ein Beispiel dafür. Wegen ihrer Bescheidenheit aber, sie lassen sich nicht einmal fotografieren, ist ihre Arbeit selbst in Spanien kaum bekannt. Die Ordensmänner, die nach der Regel des heiligen Franziskus leben, stehen für eine neue Form religiösen Lebens: sie verpflichten sich der Hingabe an die Armen. So teilen sie ihr Leben mit Drogenabhängigen und Aidskranken, geistig und körperlich Behinderten. Dabei nehmen sie die Menschen nicht nur auf und pflegen sie, sondern sie teilen alles, was sie ihr eigen nennen, selbst den Schlafraum. Türen stehen offen„Das Leben des radikalen Teilens ist nicht leicht“, bekennt Isidoro Lezcano. „Wir achten darauf, daß jeder eine gründliche psychologische Ausbildung erhält, der sich uns anschließt.“ Und obwohl diese Härte nicht leicht zu ertragen ist, haben sich seit den Tagen in Ceuta 140 Brüder diesem Leben verschrieben. Und heute gibt es bereits 32 Häuser in Spanien, deren Türen sich jenen öffnen, die mittellos sind und keine Angehörigen haben.Carlos F. Barberá, Madrid