Ausgabe: Spanien, Brüder vom Weißen Kreuz, Carlos F. Barberá
28.07.1998 - Kirchenzeitung der Diözese Linz
Ist es vermessen oder mache ich es mir gar zu einfach, wenn ich die Initiative der „Brüder vom Weißen Kreuz“ einen typisch spanischen Aspekt für die Christen in Europa sehe? Dennoch will ich es versuchen.Spanischer Stil?Zunächst ist da ein Element der Radikalität, das schon eine lange Tradition in unserer Kirche hat. Auch im 16. Jahrhundert gab es in Spanien Persönlichkeiten, die radikale Reformen anstrebten. Theresia von Ávila und Johannes vom Kreuz suchten zum Kern des Evangeliums zu gelangen. Und beide ließen sich in ihrem Streben durch keinerlei Widerstände abhalten.Ein zweiter Aspekt, den die Ordensleute in den Mittelpunkt ihres Lebens rücken und womit sie ihren Finger sozusagen in die Wunde legen: das Thema der Armen. Vergessen wir nicht, daß es Theologen aus Spanien waren oder von spanischer Abstammung, die durch die Befreiungstheologie in Lateinamerika die Armen in den Mittelpunkt stellten. Die „Vorliebe für die Armen“ ist heute fester Bestandteil im Leben der Kirche. Doch es ist notwendig, einen Schritt weiter zu gehen. „Vorliebe für die Armen“ ist zweideutig. Besteht die Vorliebe darin, den Armen zu helfen, indem vom Überfluß etwas abgegeben wird. Oder schließt die Vorliebe mit ein, den Armen gleich zu sein – ihr Leben, ihr Leid und ihre Hoffnung zu teilen? Nur wenige sind tapfer genug, dem zu folgen, wie es der Botschaft des Evangeliums entspricht. Mutter Teresa von Kalkutta tat es, die „Brüder vom Weißen Kreuz“ tun es ebenso.Es ist seltsam – aber diese schwierigen, weil radikalen Entscheidungen üben eine starke Anziehungskraft aus. Und nur so kann die Ausbreitung der jungen Ordensgemeinschaft und die große Zahl ihrer freiwilligen Helfer erklärt werden. Sie haben es verstanden: „Wer sein Leben verliert, wird es gewinnen.“Carlos F. Barberá