Ausgabe: 1998/38, Dialog f. Österreich, Delegiertenversammlung
15.09.1998 - Hans Baumgartner
„Wir können es uns nicht aussuchen, ob wir den Dialog wollen oder nicht. Der Dialog gehört zum Wesen der Kirche. Und wir können uns nicht aussuchen, worüber wir reden; wir müssen uns jenen Fragen und Anliegen stellen, die die Menschen bewegen.“ Mit diesen klaren Worten läutete Kardinal Christoph Schönborn den – vorläufigen – Endspurt im „Dialog für Österreich“ ein.Vom 23. bis 26. Oktober erreicht der „Dialog für Österreich“ mit der Delegiertenversammlung in Salzburg seinen vorläufigen Höhepunkt. Vergangene Woche stellten Kardinal Christoph Schönborn und Weihbischof Alois Schwarz, Leiter der bischöflichen Dialog-Arbeitsgruppe, das offizielle Arbeitsdokument für den Delegiertentag vor. Der neue Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Schönborn, machte dabei deutlich, daß er den „Dialog“ nicht bloß als Erbe seines Vorgängers Johann Weber zu Ende bringen wolle, sondern daß er alles tun werde, daß „die Kirche Österreichs diese große Chance“ auch nützt. Er gehe hoffnungsvoll in diesen Delegiertentag, obwohl er wisse, daß reichlich Material für Spannungen und Konflikte auf dem Tisch liege. Mit Verweis auf das Arbeitsdokument, in dem alle „heißen Eisen“ der innerkirchlichen Reformdiskussion angesprochen sind, meinte Schönborn: „Wir – weder die Bischöfe noch irgendwelche Gruppen – können uns aussuchen, worüber ein Dialog stattfinden soll, wir müssen uns den Fragen und Anliegen stellen, die die Gläubigen und die Menschen des Landes bewegen.“ Auch wenn es bei manchen Fragen klare Festlegungen des kirchlichen Lehramtes gebe, wie etwa zur Priesterweihe für Frauen, „können wir nicht sagen, darüber darf nicht diskutiert werden, wenn viele es zum Thema machen“.Ein Test für die Glaubwürdigkeit„Seit Anfang der Kirche“, so Schönborn, „gab es immer wieder Spannungen und Auseinandersetzungen. Nicht selten ist daraus aber etwas Neues, Wertvolles gewachsen.“ Der Weg dazu sei der Dialog, der der Kirche bereits im Wesen und Handeln des dreieinigen Gottes vorgegeben sei. Deshalb sei der Dialog, so Schönborn, nicht bloß eine Methode, sondern er gehört wesentlich zum Selbstverständnis der Kirche (Papst Paul VI.). „Die Bereitschaft zum Dialog ist“, so Schönborn, „ein Gradmesser für die Glaubwürdigkeit der Kirche.“ Dialog bedeute „das Ernst- und Wahrnehmen des anderen, seiner Ansichten und Lebenswirklichkeiten, aber auch das Einstehen für den eigenen Standpunkt“. Ein ehrlicher Dialog in der Kirche könne nicht „am Lehramt vorbeigeführt werden“, aber im Austausch unterschiedlicher Standpunkte könne sich auch „Neues entwickeln“, meint Schönborn. „Vielleicht tun sich in Salzburg in Sachfragen, aber auch im Miteinander-Umgehen neue Perspektiven auf – auch unter uns Bischöfen, was an der Zeit wäre“, ist Schönborn ebenso zuversichtlich wie selbstkritisch. „Ich glaube an die Chance von Salzburg. “Wie es mit dem „Dialog für Österreich“ nach dem 26. Oktober weitergeht, ist noch unklar. Angesichts der „beschleunigten gesellschaftlichen und kirchlichen Entwicklungen“ könnte es, so Schönborn, schon in fünf Jahren wieder notwendig sein, über die Frage des Gottesglaubens und die Positionierung der Kirche in der modernen Welt zu beraten. Andere sehen den Bedarf früher.