Eine kirchliche Amtsträ-gerin kandidierte für das Amt des Bundespräsidenten. Die burgenländische Superintendentin Gertraud Knoll wagte diesen Schritt. Im folgenden beschreibt sie, was den Christen zum politischen Menschen macht.Das Herzstück christlicher Theologie ist die gute Nachricht für den Menschen vom menschgewordenen Gott.Mit diesem Herzstück steht oder fällt auch die Kirche, die Jesus als ihren Herrn bekennt.Mit der dogmatischen Formel „wahrer Mensch und wahrer Gott“ hat die frühe christliche Kirche nicht nur alles Schwärmertum zurückgewiesen, daß Jesus bloß ein „halber, weil jenseitiger Himmelsmensch“ gewesen sei, sondern hat die Exklusivität des Evangeliums festgehalten: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab!“ (Joh 3,16).Die Liebe Gottes richtet sich also nicht an eine spezielle Sonderadresse. Sie gehört seiner Schöpfung. Der Mensch ist Gott alles wert. Durch diese Liebe ist der Mensch ein Geheiligter! Er ist nicht teilbar in kirchlich und säkular. Nicht in körperlich, geistig und seelisch. Sondern er ist Einer. Der eine geliebte Mensch Gottes, so wie er ist.Wo dieses Licht in die Dunkelheit scheint, da wird es hell. Aber nicht nur im privaten Kämmerlein. So wie Gott selbst nicht bei sich geblieben ist, so kommt auch der Mensch in Bewegung, der ihm glaubt. Der Glaube führt hinaus in die Welt.Wo der Mensch befreit ist von der täglichen Sorge um sich selbst, um seinen Wert, um sein Anerkannt- und Geliebtsein, da wird er frei für die Sorgen anderer. Da ist der Mensch nicht mehr ein „in sich selbst Gekrümmter“, Ängstlicher, sondern mitten auf dem Weg in der „Freiheit des Christenmenschen“. Da darf und kann er die Augen aufmachen und auch die Dunkelheit in dieser Welt betrachten. Der innere geschenkte Friede führt zur Arbeit um den Frieden in der Welt.Die Gewißheit, in Gottes Augen ein „gerechter Sünder“ sein zu dürfen, nimmt in die Verantwortung, sich dort um mehr Gerechtigkeit abzumühen, wo Unrecht gemacht wird.Ich denke, es ist in jeder Zeit unmöglich, ein Christenmensch zu sein und an den Konfliktherden dieser Welt vorbeizuschauen.Weil biblische Theologie keinen „Gott an sich“ kennt, sondern von dem einen und einzigen nur im Zusammenhang mit dem Menschen redet, kann die Antwort auf diesen Gott nur im Wagnis bestehen, daß ich selbst mich täglich auf die Übung einlasse, ein Mensch zu sein, indem ich einer werde.Und diese Übung der Frömmigkeit geschieht öffentlich. In coram publico.Stolpersteine werden zur HerausforderungEin mißgünstiger Mann sah in einer Oase der Wüste eine junge Palme heranwachsen. Da er von Neid auf alles Hoffnungsvolle erfüllt war, wollte er die junge Palme verderben. Er nahm einen schweren Stein und legte ihn mitten in die junge Krone. Der junge Baum schüttelte sich, aber es gelang ihm nicht, den Stein abzuwerfen. Da entschloß er sich, mit dieser Last zu leben. Er grub seine Wurzeln tiefer in die Erde, so daß die Äste kräftig genug wurden, den schweren Stein zu tragen.Nach Jahren kam der Mann zurück, um sich an diesem verkrüppelten Baum zu freuen, aber er suchte vergebens. Die Palme, inzwischen zur größten und stärksten der ganzen Oase herangewachsen, sagte zu dem Mann: „Ich muß dir danken, deine Last hat mich stark gemacht.“