Land und Markt, Stift und Pfarre. Tradition und Gegenwart. Das Miteinander ist Hauptaufgabe der Pfarre am Fuß des Böhmerwaldes. Die von unten gehen nicht hinauf und die von oben gehen nicht hinunter, charakterisiert man in Aigen-Schlägl die Mentalität der Leute in der von beiden Gemeinden gebildeten Pfarre: oben der eher bürgerlich geprägte Markt Aigen, unten um das Prämonstratenserstift die bäuerlich geprägte Gemeinde Schlägl. Aus beiden die eine Pfarre zusammenzuführen, ist eine der Hauptaufgaben, die sich der Pfarrgemeinderat stellt. Zwei Ortschaften aus Ulrichsberg gehören ebenfalls zur Pfarre.Selten kommt die Pfarre als ganze zusammen. Die musikalisch besonders gestaltete 10-Uhr-Messe im Stift wird auch von vielen Auswärtigen besucht. Ansonsten gehen die Aigener in ihre Marktkirche, die Schlägler in die Stiftskirche. Der Prior des Stiftes, Lukas Dikany, kümmert sich um die Seelsorge an der Stiftskirche. Um ein gegenseitiges Verstehen um die je eigenen Bedürfnisse von Pfarre und Stift ist er sehr bemüht. Es gilt auch etwas von der Vorstellung abzubauen, wonach es „da drinnen im Stift ohnehin einen ganzen Haufen Pfarrer gibt“. Weil sich die Seelsorge um die beiden Hauptkirchen der Pfarre konzentriert, kam es immer wieder zu Spannungen. Die gemeinsame Fronleichnamsprozession war beispielsweise gar nicht so leicht durchzusetzen. Pfarrer von Aigen-Schlägl ist seit fünf Jahren Wolfgang Groiss. Eines seiner Hauptanliegen ist die Vertiefung des Glaubens, denn viele – so meint er – sehen in der Religion vor allem einen folkloristischen Aufputz für Familienfeste, während sie Kirche mit der Lebensgestaltung im Alltag wenig in Zusammenhang bringen. Besonders wichtig nimmt er daher die Verkündigung in der Predigt – und das wird auch sehr geschätzt.In den letzen Jahrzehnten hat sich vor allem der Tourismus als die wirtschaftliche Hauptader der Böhmerwaldpfarre herausgebildet. Holzverarbeitung, bis hin zu edlen Klanghölzern, die in die ganze Welt exportiert werden, ist ebenso bedeutend wie die Landwirtschaft. Ein größerer Betrieb erzeugt Elektro-Schalter. Ein bedeutender Wirtschaftsfaktor ist das Stift mit seinen Betrieben. 180 Arbeitsplätze sind damit verbunden. Das Seminarzentrum des Stiftes ist begehrter Tagungsort für Kurse und Konferenzen über die Landesgrenzen hinaus. Auch die Bischofskonferenz war hier schon zu Gast. Viele Bewohner der Region müssen dennoch auspendeln. Nach Linz sind es gut 50 Kilometer. SteckbriefZu drei politischen Gemeinden gehören die 3500 Gläubigen der Pfarre: Aigen, Schlägl und Ulrichsberg. Am Fuße des Böhmerwaldes gelegen, ist das Gebiet Ziel zahlreicher Touristen. Gleich fünf Kirchenbauten finden sich in der Pfarre, darunter St. Wolfgang am Stein, Maria Anger in Schlägl und die Martinskirche, die als Aufbahrungshalle dient. Die Seelsorge konzentriert sich vor allem um die beiden größten Kirchen des Gebietes, die Pfarrkirche am Marktplatz von Aigen, einem monumentalen neugotischen Bau aus Granit und Ziegeln (1897-1901), und die Klosterkirche der Prämonstratenserabtei Schlägl (gegr. 1218). Dem vielfältigen Angebot an Gottesdiensten steht ein Kirchenbesuch von 20-25% gegenüber. Seit Jahrhunderten obliegt dem Stift die Seelsorge im oberen Mühlviertel. Aigen und alle angrenzenden Pfarren werden von Schlägler Chorherren betreut. Die Abtei ist ein für Kultur und Wirtschaft der Region prägender Faktor und hat Kirchenmusik auf hohem Niveau zu bieten.Jugend - immer jünger„Ich kenne den Schlag“, sagt Mag. Sr. Marta Aigner. Geboren in Haslach ist die Ordensschwester seit drei Jahren Pastoralassistentin in Aigen-Schlägl. Der „Schlag“ ist auch nicht mehr, was er einmal war. Man trifft, sagt Schwester Marta, auch hier auf städtische Mentalitäten. Sternsinger zum Beispiel, die draußen vor der Türe stehenbleiben, weil man sie nicht hineinläßt. Aber das sind Ausnahmen. Sr. Marta ist für Kinder- und Jugendarbeit verantwortlich. Es ist eine sehr „junge Jugend“, mit der sie arbeitet. Zehn Gruppenleiter/innen betreuen die rund 60 Jungscharkinder. Die Zwölfjährigen sind eingeladen zum „Teenie-Treff“. Eine Gruppe für 13-jährige und eine Mädchengruppe für 14/15-jährige gibt es, „aber dann ist für die meisten der kirchliche Teil der Jugendzeit vorbei“. Zwei, drei pro Klasse sind vielleicht noch regelmäßig in der Kirche zu sehen. Während der Woche sind viele auswärts, die ganze Jugendarbeit muß sich am Wochenende abspielen. Mit einer „offenen Jugendarbeit“ versucht man neue, unverbindlichere Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen. Für die vorgesehenen Räume in einem Bundesgebäude fehlt seit langem die Genehmigung. Die Region ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht gerade gesegnet. Schreckliche Unfälle, vor allem nach Disco-Besuchen, haben viel Leid in Familien gebracht. Für den nächtlichen Pendelverkehr zwischen Diskotheken verkehrt jetzt ein eigener Disco-Bus. Nicht nur verwundert der Entwicklung zuzusehen, sondern ihre Ursachen zu verstehen, daran haben Pfarre und Gemeinden gearbeitet. Runden und AktionenUnter Männern„Viele Männer haben Probleme, aber sie haben keine Gesprächspartner, mit denen sie sich darüber austauschen können“, meint Franz Natschläger. Als Obmann der Katholischen Männerbewegung sieht er den Sinn der monatlichen Männerrunde vor allem darin, daß Männer vom Zwang wegkommen, noch den starken Mann spielen zu wollen, wenn ihnen eigentlich längst zum Heulen ist. Zehn MütterrundenGleich zehn Mütterrunden sind in Aigen-Schlägl aktiv. Jedes Jahr werden zu Lichtmeß die Frauen, die im letzten Jahr ein Kind bei der Taufe hatten, eingeladen. Daraus ist in den letzten Jahren stets eine Mütterrunde geworden. Die älteste besteht schon seit dem Jahr 1985. Für die Pfarre gestalten soche Runden die monatlichen Familiengottesdienste. Die Frauenbewegung, geleitet von Romana Reiter, setzt zwar den Impuls für die Gründung der Gruppen, läßt sie dann aber ganz nach eigenen Vorstellungen arbeiten.Vierfache FrüchteViermal jährlich erscheint das Pfarrblatt. Die Gruppe um Rosa Kickinger gestaltet das zumeist 20 Seiten umfassende Blatt. Seit längerem wurde heuer die Caritas-Haussammlung wieder als echte Haussamlung durchgeführt. Pfarrgemeinderäte haben dabei das Pfarrblatt persönlich in die Häuser gebracht. Viermal soviel haben dabei die Leute für die Caritas-Anliegen gespendet.