Angesichts von 71 toten Menschen auf der A4 – und Tausenden im Mittelmeer – ist Innehalten sinnvoll – nicht nur, weil man nicht weiß, was man sagen soll; sondern auch, um die Toten nicht für eigene Interessen in der Debatte zu missbrauchen. Aber das Schweigen reicht nicht. Kommentar von Heinz Niederleitner
Wir müssen Entscheidungen treffen, damit solche Vorfälle, die Verbrechen und Katastrophe gleichermaßen sind, verhindert werden. Als Journalist – „wehleidiger Besserwisser“, wie Gerd Bacher nicht ganz falsch gesagt hat – hat man keine Patentrezepte, aber als Bürger und Mensch vielleicht Erkenntnisse. Eine Erkenntnis ist, dass es vermutlich besser ist, kontrollierte, legale Wege nach Europa für flüchtende Menschen zu schaffen, als die Grenzen abzudichten: Erstens wird das nie völlig gelingen, zweitens werden die Schlepper durch größere Abschottung nur noch verwerflichere Mittel einsetzen und drittens die Flüchtlinge noch mehr ausnehmen. Eine andere Erkenntnis ist, dass ein EU-Asylverfahren notwendig ist: überall gleiche Standards und eine gerechte Verteilung der Lasten. Dazu ist es legitim, gegen Staaten, die sich einer vertretbaren Aufnahme von Flüchtlingen verschließen, Sanktionen zu setzen.
Es wird Europa wohl nicht erspart bleiben, mit den USA im Nahen Osten stärker einzugreifen, um ein Mindestmaß an Sicherheit herzustellen. Das ist aber nicht nur eine Erkenntnis, sondern auch eine Befürchtung. Denn es waren Interventionen von außen, welche die Krisen mitgeschaffen haben. Mit militärischer Gewalt die IS-Terroristen niederzuringen, ist nur ein kurzfristiger Teil der Aufgabe. Die Länder brauchen langfristige, partnerschaftliche Begleitung.