„Franziskus unter Wölfen“ heißt das neue Buch des Journalisten Marco Politi, das vergangene Woche vorgestellt wurde (Herder-Verlag). Der reißerische Titel sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier jemand durchaus mit Sachkenntnis schreibt.
Ausgabe: 2015/37, Politi, Päpste, Franziskus,
08.09.2015 - Heinz Niederleitner
Politi hat sich für den Titel ein Bild bei Franz von Assisi entlehnt. Dieser soll einmal einem Wolf ins Gewissen geredet haben. Klar ist, dass für die Mafiosi, die Papst Franziskus scharf kritisiert und ermahnt hat, das Bild passt. Bei anderen Gruppen, die in dem Buch vorkommen, sollte man im Deutschen besser von Gegnern oder Opposition statt drastisch von „Wölfen“ oder „Feinden“ sprechen. So thematisiert Politi zum Beispiel den heftigen Widerspruch, den der Papst auf seine Kritik an manchen Wirtschaftspraktiken („Diese Wirtschaft tötet“) erfahren hat. Vor allem geht es aber um innerkirchliche Kritiker des Papstes. Politi zeigt diese Opposition in ihren Facetten auf. Er meint, dass die Anhänger des Papstes im Gegensatz zu den Kritikern kaum organisiert sind, weswegen Franziskus auf das Kirchenvolk setzt, das in überwiegender Mehrheit hinter ihm stehe. Die Frage der Gegnerschaft zum Kurs des Papstes ist aber nur ein Aspekt des Buches, das auch ein Zwischenfazit des Franziskus-Pontifikats mit einer Würdigung des Menschen Jorge Mario Bergoglio darstellt.
„Revolution“
Kritischer als mit Franziskus war der 68-jährige Politi mit seinem Vorgänger in dem Buch „Benedikt. Krise eines Pontifikats“ (2011) umgegangen. Zuvor hatte er mit Carl Bernstein ein Buch über Johannes Paul II. verfasst. Dass der in Rom geborene Journalist, der von 1993 bis 2009 Vatikanspezialist der Zeitung „La Repubblica“ war, sein Handwerk versteht, kann man ihm jedenfalls nicht absprechen. Von 1987 bis 1993 hatte er als Moskau-Korrespondent den Untergang der Sowjetunion miterlebt. Den Kurs von Papst Franziskus nennt Politi eine „Revolution“ und stellt weitere historische Vergleiche an: Die Reform könne wie Gorbatschows Perestroika scheitern; oder es komme ein New Deal à la US-Präsident Franklin Roosevelt, der die USA einst aus der Weltwirtschaftskrise zog.