Gott – der Vater (1) Das Jahr 1999 ist nach dem Wunsch des Papstes in besonderer Weise Gott, dem Vater, gewidmet. In der Vorbereitung auf das Jahr 2000 haben wir zuerst ein Jahr des Hl. Geistes und dann ein Jahr Jesu Christi begangen. Heuer soll die erste göttliche Person vertiefte Beachtung finden.Wir bringen deshalb eine 4-teilige Reihe zu diesem Anliegen. In den folgenden Nummern behandelt Dr. Josef Schicho noch die Themen „Gott, der Schöpfer Himmels und der Erde“, „Der Vater unseres Herrn Jesus Christus“ und „Gott – auch unser Vater“.
Bei allen Völkern und im Leben der meisten Menschen gibt es so etwas wie eine Ahnung Gottes. Die Schönheit der Natur und die Großartigkeit ihrer Gesetze, die nicht unterdrückbare Stimme des Gewissens für das Gute oder das Wunder der menschlichen Liebe – sie geben uns eine Ahnung, daß es jemanden oder etwas geben muß, das der letzte Grund ist.Dieser große Gott, dem viele Namen gegeben werden, wird als furchterregend und gleichzeitig faszinierend gesehen, als das große, und letztlich undurchdringliche Geheimnis, für dessen Erfassung unser Denken nicht ausreicht.
Als Retter erlebt Manche Menschen – und in besonderer Weise das Volk Israel – haben aber eine weitere Erfahrung gemacht. Sie erlebten eine besondere Nähe, ein Eingreifen dieses unendlichen Gottes in ihr konkretes Leben und ihre Geschichte. Sie haben diese religiöse Erfahrung weitergegeben und aus ihr heraus gelebt. Sie haben in den verschiedenen Ereignissen nicht nur das Ergebnis von Kämpfen, Machtverhältnissen und Zufällen gesehen, sondern darin einen wirkenden Gott erfahren.Gott war als Retter in größter Not, vor allem in der Knechtschaft Ägyptens, und als treuer Helfer spürbar geworden. In guten Zeiten – aber auch in Zeiten der Unterdrückung, der Auflehnung und der Hoffnung entdeckte Israel immer neue Seiten seines Rettergottes. Wie Gott für Israels Vorfahren da war, so blieb er bei seinem Volk, das sich mit Gott ver-bündet und von seiner Freund- schaft getragen wußte.
Nach und nach Das Bild des rettenden und helfenden Gottes entfaltete sich nach und nach. Israel erkannte ihn auch als Gott, auf den die ganze Schöpfung zurückgeht, der nicht nur sein Volk, sondern jeden einzelnen liebt, der auch die Menschen außerhalb von Israel zu sich führen will und der für eine Zukunft über den Tod hinaus sorgt.In den Büchern der Bibel schlug sich diese großartige Erfahrung Gottes nieder. Sie verkünden Gott, indem sie die wechselvolle Geschichte mit allen Höhen und Tiefen, mit Irr- und Umwegen erzählen.
Unter uns gewohnt Die Erfahrung Gottes erfuhr eine ganz besondere Dichte und einen unübertrefflichen Höhepunkt im Leben und Wirken Jesu von Nazaret. In ihm – so verkündeten die Apostel und ersten Christen – war Gott selbst mitten unter uns. Gottes menschgewordener Sohn hat uns einen neuen Zugang zu Gott eröffnet und uns seine Gemeinschaft geschenkt.Zur Verkündigung dieser frohmachenden Botschaft gehört es, daß Jesu Leben nicht nur ein historisches Ereignis zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort war, sondern daß diese Nähe Gottes weiter besteht, daß Jesus Christus als der Auferstandene auch heute erfahren werden kann, daß auch wir in seiner Gemeinschaft leben dürfen.Die in der Welt und in der Geschichte sichtbare und wirksame Gegenwart Gottes und die Begegnung mit dem vom Tod auferweckten Herrn wird auch in unserem Leben spürbar.
Auch heute lebendig Der Glaube, so sagt uns die Bibel, beginnt nicht bei uns, sondern bei Gott. Er liebt uns zuerst. Er teilt uns mit, daß er sich uns zuwendet, uns wie ein Papa (Abba) in seine Arme nimmt. Im Lichte dieser Botschaft können wir die Spuren Gottes auch in unserem Leben erkennen. Es ist wie bei einem heranwachsenden Kind, dem nach und nach bewußt wird, daß Nahrung, Fürsorge und Geborgenheit keine Zufälle sind, sondern daß dahinter die Liebe der Eltern und anderer Menschen steht. So dürfen auch wir erkennen, daß hinter den Ereignissen unseres Lebens Gottes Liebe und Sorge da ist. Die Freude an einem Sonnenaufgang, die Kraft in einer schweren Stunde, die mittragende Begeisterung bei einer Gemeinschaftsfeier haben etwas mit Gott zu tun. Und die Osterbotschaft sagt uns immer wieder Jesus Christus ist der Lebendige auch für uns.
Als Erlebnis Die Kirche hat heute die wichtige Aufgabe, „den zentralen Gehalt des Glaubens, die Beziehung zum dreifaltigen Gott und die darin gründende Gewißheit, von ihm unbedingt bejaht und geliebt zu sein . . . erlebbar und erfahrbar zu machen“. Dies betonte der Steyler Pastoraltheologe Hermann Hochanek nachdrücklich. Er tritt für eine erlebnisorientierte und erfahrungsoffene Gestaltung des Lebens in den Pfarren – vor allem der Liturgie – ein, für die Pflege von Symbolen und zeitgemäßen Riten, aber auch für die Umsetzung des Glaubens in einen offenen und wertorientierten Lebensstil.
Mehr Dialog Im Apostolischen Schreiben zur Vorbereitung des Jahres 2000 „Tertio millennio adveniente“ nennt der Papst das Leben eine „große Pilgerschaft zum Haus des Vaters, dessen unbedingte Liebe zu jedem menschlichen Geschöpf, besonders zum verlorenen Sohn, man jeden Tag entdeckt“. Der Papst hebt drei wichtige Anliegen für das Jahr 1999 hervor: - Das Eintreten für die Armen und Randgruppen, - die Auseinandersetzung mit der Zivilisationskrise, - den Ausbau des Dialogs mit den großen Religionen, besonders mit den Juden und Moslems.