Ich geb zu, daß ich nicht genau weiß, was ich da gelesen habe. Irgendwie geht’s immer wieder um die Normandie und um die Erinnerung an den Krieg, um die Rekonstruktion von Situationen, Personen, Schauplätzen. Der Verlag meint, daß dieser Roman des 28 Jahre jungen Oberösterreichers Richard Obermayr ein „lauter wie lächerlicher, ehrlicher wie leiser Protest, das Verschwinden nicht hinnehmen zu wollen“ ist. Schon möglich. Aber ebenso schräg wie dieser huldigende Satz des Verlagstextes stelzen leider auch viele Sätze einher, die der Autor seiner Prosa zugemutet hat. Zum Beispiel: „Der Regen wog sich ein ins Herbstzeitlose und nähte den Häusern ein Kleid aus Invaliden von Efeu und Rosen, denen der Frost hatte die Blütenrispen gezogen.“ Kriegs- und Todessymbolik hin, rhythmisierte Sprache her, da steigt doch eine Metapher der anderen auf die Zehen. Einem Autor, der nicht vom Vogel spricht, wenn er einen Vogel meint, sondern von dem, „was im Fels immer schon als Vogel zu warten scheint“, traue ich nicht so recht über den Weg. Ich weiß schon, daß die Poetisierung der Welt spätestens seit Handkes „Über die Dörfer“ wieder möglich ist, aber Schneiders „Luftgängerin“ hat uns gezeigt, wohin es führt, wenn man von diesen poetischen Zaubertricks allzu hemmungslos Gebrauch macht. Aber bitte, wer das, „was im Fels immer schon als Vogel zu warten scheint“, gerne mag, dem empfehle ich Obermayrs Buch wärmstens. Denen, die schon mit Hölderlins Prosa Probleme haben, von Robert Schneider ganz zu schweigen, kann ich allerdings nur raten: Hände weg von diesem gefälschten Prosahimmel.
Richard Obermayr, Der gefälschte Himmel. Residenz, 365,–