Bewegung, Spaß.- und auch Stille - als Ausgleich für überreizte Kids
Ausgabe: 1999/20, Entspannungsübungen, Eder
18.05.1999
- Maria Haunschmidt
Alte Entspannungsübungen – neu entdeckt – begeistern die Kids von heute: Der Tiger, der zum Sprung ansetzt, die Katze, die einen Buckel macht, der Igel, der sich einrollt ... und dies alles nicht via TV oder Computer, sondern live nachgeahmt aus der Tierwelt.
Gezielte Ausgleichsübungen haben bei Kindern Einfluß auf die momentane Stimmungslage, die körperliche Verfassung, verbessern auch Haltungsschäden, Konzentration und vermögen sogar die Schulzufriedenheit zu steigern. Das Geheimnis liegt in der Ausgewogenheit zwischen Ruhe und Bewegung, wobei letztere bei Kindern naturgemäß besonders beliebt ist. Sie brauchen diesen Ausgleich immer mehr, einerseits wegen erhöhter Leistungsanforderungen, andererseits wegen eingeschränkter Bewegungsräume und -möglichkeiten. Kinder können je nachdem gelassener, stärker, motivierter oder geschickter werden. Manche Lehrer bieten deshalb zwischendurch Übungen aus der Kinesiologie und den chinesischen Bewegungskünsten Taichi und Qigong an.
Übungen „auf Knopfdruck“
Die Traunerin Anna Eder, selber fünffache Mutter von Kindern im Alter zwischen 22 und 10 Jahren, und Bildungswerkreferentin, schwört auf eine gute Mischung von allem und stößt mit ihrem Angebot auf wachsendes Interesse. Frau Eder beschäftigt sich schon seit 20 Jahren mit Entspannungsübungen für Kinder und gibt ihre Erfahrungen in erster Linie an interessierte Erwachsene – Eltern und Pädagogen – weiter, „arbeitet“ aber auch direkt mit Kindern. Es geht um allgemeinen Ausgleich, und da kann es auch recht laut und lustig zugehen. Anna Eders Erfahrung: „Besonders Kindern zwischen 4 und 9 Jahren gefällt das, und sie verlangen die Übungen immer wieder.“ Sehr beliebt ist die Harmonie der Tierbewegungen. „Auch die Entdeckung der Langsamkeit ist in unserer leistungsorientierten Gesellschaft ganz wichtig“, findet Frau Eder. Wenn man in Alltagssituationen mit Kindern einige einfache sozusagen „auf Knopfdruck“ abrufbereite Übungen anwendet, sind die Auswirkungen auf den geistig-seelischen Zustand verblüffend.
Es wird etwas bewirkt
Diverse Übungen sind in bestimmten Situationen einsetzbar, je nachdem ob Kinder überdreht, aufgekratzt, unmotiviert oder „aus dem Gleichgewicht"sind, z. B. auch bei Streit oder bei gähnender Langeweile, etwa vor dem Aufgabenheft, oder zur Beruhigung als Bettgeh-Ritual. Die Übungen lassen sich regelmäßig als Basis gemeinsamen Tuns einsetzen: Brüllen wie ein Löwe zum Abbauen von Aggression, klopfen wie ein Affe (zur Aktivierung der Thymusdrüse). Oder: Der Schmetterling breitet seine Flügel aus und fühlt sich ganz leicht und frei ... Da Kinder in Bildern leben, kann man über kurze Geschichten Einstiege schaffen. Auch das „Nachspüren” erleben Kinder sehr intensiv – dies ist aber schon etwas „für Fortgeschrittene“.
Beispiele
Der Storch
... steht auf einem Bein, das fördert den Gleichgewichtsinn. Der Wechsel zwischen Dehnen und Heranziehen der Arme regt die Kommunikation von linker und rechter Gehirnhälfte an.
Der Tiger
... kann vieles. Das Kind kann ihn zum Vorbild nehmen, wenn es müde, traurig oder ängstlich ist, auch einmal seinem Zorn Luft machen möchte und Krallen zeigt, schleicht oder lauert ...
Die Schildkröte
... schaut vorsichtig aus dem Panzer und zieht sich wieder zurück – gut bei Verspannungen, beliebte Übung zur „Regeneration” vor den Schulheften. Literaturtip: Liane Schoefer-Happ, Dieter Allgaier, Cindy Wallin: Gute Haltung – tierisch stark, Kösel-Verlag.