Martin Luther höchstpersönlich sandte im Jahr 1525 den ersten evangelischen Pfarrer nach Wallern. Zwietracht und Gewalt trennten die Christen, doch heute regiert der Friede.
„Zwar sind die Leute zweier Kirchen Glieder, doch einig strebend nach dem Himmelreich. Und Nächstenliebe einigt beide wieder, vor Gott sind sie als Kinder gleich.“ So beschreibt das Wallerner Heimatlied das Miteinander der heute ca. 2400 katholischen und 400 evangelischen Christen im Ort. Außer der Tatsache, daß es zwei Kirchen und zwei Friedhöfe gibt, spielt im Wallern von heute die konfessionelle Frage aber keine Hauptrolle mehr. Katholische wie evangelische Christen wissen, daß die Zukunft im Miteinander liegt. An Beispielen ganz alltäglicher Zusammenarbeit mangelt es nicht: Da gibt es die Organistin der evangelischen Gemeinde, die auch in der katholischen Kirche aushilft. Und da ist der Arnreiter-Müller, der – obwohl selbst evangelisch – den Katholiken mehrmals seine Mühle für Flohmärkte zur Verfügung gestellt hat. Der Erlös dieser Flohmärkte, die in der Umgebung vor allem durch Walter Wernharts Versteigerungskünste berühmt geworden sind, trug wesentlich zur Finanzierung des Kirchenneubaus vor knapp zwei Jahrzehnten bei. Der Geldbedarf für die neue Kirche hat in Wallern zu einem Spendenbrauch geführt, von dem auch andere etwas haben: Dreimal im Jahr (in der Osternacht, bei der Christmette und beim Erntedankfest) ist die Gottesdienstgemeinde zu einer besonders großzügigen Spende eingeladen. Die Hälfte davon bleibt in der Pfarre, die andere Hälfte wird für gerade aktuelle Nöte, z. B. Katastrophenhilfe gegeben. Auf diese Weise entstand vor Jahren der Kontakt mit den Pfarren Simleu und Krasna in Rumänien, in die nach wie vor Hilfslieferungen aus Wallern organisiert werden.
Sonntags ist Wortgottesdienst
Ein Pfarrer mit zwei Gemeinden. Oder: Wie entsteht liturgische Vielfalt?
Auch das Stift St. Florian kann nicht mehr alle Pfarren mit Priestern besetzen. Pfarrer Schwarz hat neben Wallern auch Krenglbach zu betreuen.
1976 kam Gerhard Schwarz, Chorherr des Stiftes St. Florian, als Pfarrer nach Wallern. Seit 1993 betreut er als Provisor auch die Nachbarpfarre Krenglbach. In beiden Gemeinden war man bis dahin sonntags zwei Eucharistiefeiern gewohnt. Ein Priester kann unmöglich vier Messen in zwei Pfarren feiern. Sollen also ständig fremde Aushilfen kommen? Oder sollen die Menschen ihren Rhythmus total verändern? Oder sich ins Auto setzen und zu „Meßpendlern“ werden? Bald würde die Pfarre zerbröckeln.In Wallern und Krenglbach hat man eine Lösung gefunden, die Modellcharakter haben könnte. Denn die Erfahrung, den Priester mit anderen Gemeinden „teilen“ zu müssen, werden in den nächsten Jahren wohl noch viele Pfarren machen. Seit dem ersten Adventsonntag 1997 findet in beiden Pfarren an jedem Sonntag eine Eucharistiefeier und ein Wortgottesdienst statt. Die Zeiten wechseln dabei von Woche zu Woche, also: 1. Sonntag – Wallern: Messe, Krenglbach: Wortgottesdienst / 2. Sonntag – Krenglbach: Messe, Wallern: Wortgottesdienst. Beim Wortgottesdienst wird keine Kommunion gespendet, es soll der Unterschied zur Eucharistiefeier ganz klar sein. Wer den Wortgottesdienst leitet, schlüpft nicht in eine Pseudopriester-Rolle.Vorbereitet und geleitet werden die Wallerner Wortgottesdienste entweder von Gertraud Pucher, Annemarie Aumaier oder Alfred Ortner. Die drei besuchten den Kurs für Wortgottesdienstleiter und machen nach einem festgelegten Plan Dienst.„Fünf Stunden Vorbereitung muß ich schon rechnen pro Wortgottesdienst“, berichtet Alfred Ortner. Wie seinen Kolleginnen ist es ihm wichtig, daß die Mitfeiernden etwas für den Alltag „mitnehmen“, vor allem von der Schriftauslegung. „Auch für das eigene Christsein profitieren wir viel“, ergänzen Frau Aumaier und Frau Pucher. Die Einführung dieser Gottesdienstform wurde im Pfarrgemeinderat lange überlegt und gut vorbereitet. „Am Anfang waren wir unsicher, ob wir es tun sollen“, erzählen die drei vom Wortgottesdienst-Team. Jetzt ist man überzeugt, daß der Weg richtig war, und die Pfarre hat ihn voll akzeptiert. „Ein Segen für die Pfarre“, so Pfarrer Schwarz.
Viele engagierte Mitarbeiter/innen
Gelebte Ehrenamtlichkeit vom Kirchenchor bis zum Bildungswerk
Die Angebote des Kath. Bildungswerkes in der Pfarre Wallern erstrecken sich über eine erstaunlich breite Palette, die vom klassischen Diavortrag bis zur – soeben durchgeführten – Romreise und von der Buchausstellung bis zum Tanzkurs reicht. Ein siebenköpfiges Arbeitsteam um KBW-Leiter Christoph Aumaier plant die Aktivitäten.Besonders stolz ist man in der Pfarre auf den Kirchenchor, der von Walter Wernhart geleitet wird. Nachwuchsprobleme kennt der Wallerner Kirchenchor nicht. Vielleicht liegt’s daran, daß der Ort besonders musikbegeistert ist, denn früher wurden im Pfarrsaal sogar Operetten gespielt.
Steckbrief
Schon im Jahr 815 wurde Wallern erstmals urkundlich genannt. Damals hieß der Ort Adwaldi („am Walde“), gelegen am Fluß „Dratihaha“ (Trattnach). Ein Priester namens Engilger schenkte damals seine Kirche dem Bistum Passau. Im Jahr 1151 kam die Pfarre zum Stift St. Florian, zu dem es bis heute gehört (deshalb das Florianer „Tatzenkreuz“ im Wappen). In den folgenden Jahrhunderten wurde die Pfarrkirche zur Wallfahrtsstätte gegen Epilepsie und Fraisen. Dabei, so berichtet die Pfarrchronik, mußte ein schwarzes Huhn am Friedhofgitter angebunden werden, während man in der Kirche um Heilung betete.Von der alten Pfarrkirche steht heute nur mehr der Turm. Das Kirchenschiff wurde abgetragen und 1981 durch einen Neubau ersetzt.
Personen
Amtsbrüder
Zwischen der katholischen und evangelischen Pfarrgemeinde bestehen in Wallern gute Kontakte. In nicht wenigen Fällen haben sie sogar zur Ehe geführt, weshalb einige gemischtkonfessionelle Paare in Wallern leben. Mehrmals jährlich finden ökumenische Gottesdienste statt, offzielle Anlässe teilen sich der katholische Pfarrer Gerhard Schwarz und sein evangelischer Amtsbruder Gerhard Grosse. Die evangelische Pfarre zählt ca. 15.000 Gläubige, sie reicht bis Grieskirchen bzw. Gallspach.
Mesnerinnen
Offenbar läßt gesunde Luft in der Sakristei Menschen ein hohes Alter erreichen, zumindest in Wallern. Zusammen haben die beiden Mesnerinnen Elisabeth Traunmüller und Agatha Scharinger, denen die Pfarre Wallern für ihre ausdauernden Dienste viel verdankt, das biblische Alter von derzeit 176 Jahren!