Alles muss anders werden, sagen die Altkoalitionäre nach ihrer Wahlniederlage. Ob das die „Wende“ sein soll, von der die Freiheitlichen reden, darf bezweifelt werden. Man hat die FPÖ zwar neuerlich gestärkt, doch eine klare Mehrheit will sie nicht an der Regierung sehen. Die bisherigen Koalitionsparteien bekamen mit der Wahl eine riskante Karte in die Hand: einerseits können sie sich der Verantwortung für das Land kaum entziehen, andererseits drohen sie – vor allem der Juniorpartner ÖVP – bei einer Neuauflage der „alten Regierung“ zerrieben zu werden. „In dieser Koalition können wir uns nicht profilieren“, tönt es auch aus der Riege besonnener VP-Politiker. Warnend wird auf das Beispiel der „Schwesterpartei“ Democrazia Cristiana verwiesen, die 50 Jahre lang die italienische Nachkriegspolitik geprägt hat und dennoch innerhalb weniger Jahre von der Bildfläche verschwunden ist.
Die zentrale Frage der kommenden Politik ist die der „Werte“, sagte am Sonntag Madeleine Petrovic in der Sendung „Zur Sache“. Sie verwies dabei u. a. auf die Themen Gentechnik, Frauen-, Menschenrechts- und Ausländerpolitik. Vielleicht ist das die Chance dieser Wahl, dass man den Bürger/innen wieder eine wertorientierte Politik zumutet, anstatt in Hochglanzmagazinen jedem gefallen zu wollen. Der ehemalige Caritas-Präsident Helmut Schüller meinte einmal, er verstehe nicht, warum die Politik so wenig Mut hat, Werte wie Gerechtigkeit und Solidarität einzufordern. Er habe die Erfahrung gemacht, dass die Menschen dazu bereit sind. Und es würde ein anderes Klima in diesem Land entstehen.
„Die Wahl hat den Politikern neue Karten in die Hand gegeben.“