Ausgabe: 1999/52, Spiele, Strategie, Taktik, Karten, spielen
28.12.1999 - Ernst Gansinger
Weihnachten und Winter: Spielezeit
Fernsehen kann man alleine, lesen auch und essen. Spielen geht fast nie solo. Spielenheisst daher auch: Gemeinsam (also doppelt) Freude haben. Kaum jemand, der nicht bei Weihnachtsgeschenken auch an Spiele denkt. Aberwelches Spiel ist für wen geeignet? Guter Rat ist nicht teuer, aber in der Hektik desGeschenkekaufens oft rar. Wir stellen daher Spiele vor und untergliedern,um die Übersicht zu erleichtern, in vier Kategorien (taktische, einfache, Karten- bzw.komplexe Spiele). Viele Spiele, das sei angemerkt, haben Regeln in mehrerenSprachen, was das Verschenken an Freunde im Ausland erleichtert.
Strategie und Taktik
Alcatraz, aus dieser berüchtigten Gefängnisinsel gilt es auszubrechen, aber da sind ja noch die Wärter. Jeder Spieler ist Ausbrecher, seine Züge haben zwangsläufig Züge der Wärter zur Folge. – Ein Spiel, das Tüftler bevorzugt. Alcatraz, FX Schmid, ca. S 350,–, 45 Minuten, 2 bis 6 Spieler, ab 10
N.Y. Chase, Ravensburger hat den Spieleklassiker „Scotland Yard“ (1983) weiterentwickelt und das Geschehen nach Manhattan verlegt. Wieder wird Mister X, ein Mitspieler, von den anderen (Polizisten) gejagt. – Wer Scotland Yard liebt, dem taugt N.Y. sicher auch. N.Y. Chase, Ravensburger, ca. S 490,– , 3-6 Spieler, 45 Minuten, ab 10
Cafe International, das Spiel des Jahres 1989 hat schon zehn Jahre auf dem Buckel und ist dennoch hoch im Kurs. Im Café nehmen Gäste aus vielen Nationen Platz. Die Spieler müssen nun Gästekarten möglichst punktebringend ablegen – darauf achten,dass Frauen und Männer gleicher Nationalitäten an einem Tisch sitzen. – Mit der Zeit füllt sich das Cafe, und wo ist noch ein tollerPlatz? Cafe International, AMIGO, ca. S 280,–, 2-4 Spieler, 45 Minuten, ab 10
Einfache Regeln
Fits besticht durch sein knappes Regelwerk: Kurz lesen und schon geht das Spiel los. Zwei bis vier Spieler versuchen auf ihren Legetafeln aus dem Formen-Vorraterwürfelte Flächen möglichst so zu legen, dass sie als erste die ganze Platte vollausgelegt haben. – Wir spielen zuhause viel, aber unser Neunjähriger hat an diesemSpiel einen „Narren gefressen“. Fits, Ravensburger, ca. S 400,–, kurze Spieldauer, etwa ab 8 Jahren
Six-Mix heisst eine Würfelgaudi aus dem Verlag FX Schmid. Sechs Würfeln müssen auf einer „Würfelbühne“ so untergebracht werden, dass man sich selber hohe Werte zuschanzt und den anderen die weniger guten. – Hier kann man ganz schön gemein sein. Six Mix, FX Schmid, ca. S 280,–, 2-5 Spieler, 10 Minuten, ab 10
Karten im Spiel
Canyon von ABACUS ist eine Kombination von Karten- und Brettspiel: Indianer tragen eine Kanuwettfahrt aus. Zunächst werden Karten gespielt, davon hängt ab, wie weit man ziehen kann. Canyon hat im Kartenteil eine Ähnlichkeit mit „Wizzard“, da wie dort muss man seine Stichzahl voraussagen. Canyon, ABACUS, ca. S 250,–, 3-6 Spieler, 45 Minuten, ab 10. Ein solches Ding heisst ein ABACUS-Kartenspiel. Karten mit Aussagen über die Eigenschaft eines (welches?) Dings sind von den Mitspielern nacheinander abzulegen. So entstehen Beschreibungsketten, die man auf ein Ding „hinbiegen“ können sollte, wenn’s einem Mitspieler spanisch vorkommt. Ein solches Ding, ABACUS, S 250,–, 2-7 Spieler, 45 Minuten, ab 10.
Sie sind in kleine Schachteln verpackt, kommen mit einer kurzen Spielanleitung aus,kosten unter S 100,– und garantieren abwechslungsreiche Spiele, die man auchzwischendurch spielen kann: Die Rede ist von mehr und mehr in dieSpielzeuggeschäfte kommenden neuen Kartenspielen.
Bei „Explosiv“ versuchen sich 2 bis 4 „Gangster“ mit heißer Ware hochgehen zulassen. Coolness ist gefragt, wenn die Karten in Reihen unter Explosivkarten angelegtwerden, denn das Blatt könnte sich wenden. (Ab 12 J.)
Beim „Piraten Poker“ raufen sich 3 bis 5 Piraten um fette Beute, die ihnen aber auch ein dickes Ei legen kann. Das Prinzip ist ähnlich wie bei „Explosiv“ – Karten, dieeinem mitunter wegen ihrer Rückseite Minuspunkte eintragen. (Ab 10 J.).
„Flinke Finger“ beinhaltet mit seinen 48 Spielkarten, 60 Chips und 1 Sonderwürfelgleich drei Kartenspiele für 3 bis 5 Spieler. Bei einem geht es darum, seine Karten alserster loszuwerden, wobei auf Farbstapeln aufsteigend abgelegt wird. Alle spielengleichzeitig. Bei den anderen beiden (etwas komplexeren) wird durch geschickteKartenkombinationen gepunktet. (Ab 10 J.)
Wer die Römischen Zahlen kennt, kann sich über „Alles klar?“ wagen und versuchen, die meisten Karten zu ergattern. Römische Zahlen vermurksen mitunter manche gute Lage, die man meint, wegen der arabischen zu haben. Klar? Machen wir es noch schwieriger: Manche Karten haben keine römische Zahl, manche zwei, jede aber zeigt arabische Zahlen. (Ab 10 J.)
Komplexe Spiele
Historische Spiele sind in. Sie sind etwas für Freunde schöner Spiele, die aber auch nicht gleich das Handtuch werfen, wenn das Regelwerk etwas länger ist. Für sie gibt es z. B. Macchu Piccu, ein schönes, regel-einfaches Taktikspiel, das in die Welt der Inka führt. Oder das doch komplexere, aber sehr schöne Spiel Ra, das ins pharaonische Ägypten entführt. Dynastien rittern um Einfluss. Und Anno 1452 ist ein Wettstreit um die Kaiserkrone des Deutschen Reiches Ende des Mittelalters. Die Spieler sind Fürsten, die um Einfluss und Macht rittern. Leider ist hier das Regelwerk kompliziert. Machu Picchu, Piatnik, ca. S 430,–, 2-4 Spieler, 30 Minuten, ab 10. Ra, alea (Ravensburger), ca. S 280,–, 3-5 Spieler, 50 Minuten, ab 10. Anno 1452, Piatnik, ca. S 490,–, 2-4 Spieler, über 60 Minuten, ab 12.
1999 ist ein guter Spiele-Jahrgang
(Aus der Kirchenzeitung vom 19. August 1999)
Einige Trends sind bei den Brett-, Karten- und Schachtelspielen der zahlreicherwerdenden Spieleverlage des deutschen Sprachraums zu beobachten: EtlicheSpieleautoren haben einen deutlichen Hang zu geschichtlichen/geographischen Themen– siehe „Cheops“, „Kontor“, „Kap Hoorn“, „Pacal“, „Titanic“, „Big City“, ColoradoCountry“, „China Town“, „Die Siedler – Historische Szenen(Cheops und Alexanderder Große)“, „Union Pacific“ oder „Krieg und Frieden“.
Strategen im Vorteil
Auch dem Strategiespiel für zwei Personen wird wieder mehr verlegerischeAufmerksamkeit geschenkt. (Darunter sind einige Spiele, die genauso gut auch vonmehreren Personen gespielt werden können.) Solche Strategiespiele sind u. a. „Feuer& Wasser“, „Druidenwalzer“, „Kontor“, „Lost Cities“, „Pacal“, „Kahuna“ und „TaYü“. Einige Spiele setzen auf Geschwindigkeit und Hektik und haben damit denVorteil, dass ein Spieldurchgang nur wenige Minuten dauert, also auch von Zappeligengespielt werden kann. Hier sind zu nennen „Zamix“, „Speed“, „Bunt Herum“,„Ligretto“, „Newsmaker“ und „Obalistig“. Es gibt viele unterhaltsame Spiele mitleicht verständlichen und knappen Regeln. Einige der besten Vertreter dieserKategorie sind „Kap Hoorn“, „Lost Cities“, „Undercover“, „Pacal“, „Fette Bäuche“(vom Erfinder des „Siedler von Catan“-Spiels, Klaus Teuber), „Tikal“, „Pi malDaumen“ (für Ratefüchse) oder „Buddelbande“.
Echte Spieler mögens schwieriger
Für „echte“ Spieler der Tupfen auf dem Spiel-i sind Spiele mit schönem Spielzubehör,einer logischen Spielgeschichte und einer Idee, die sich durch das ganze Spiel zieht,sowie komplexen Regeln. Diese erlauben, den Spielverlauf weniger von Glück undZufall abhängig zu machen als von der eigenen Strategie. Sie brauchen meist einelängere „Lesezeit“ für die Regel; auch das Spiel kann mitunter zwei Stunden dauern.Das gilt etwa für „Kontor“, „Big City“, „Tikal“ (in der „Profi-Variante“),„Giganten“, „Die Siedler – Historische Szenen“, „Union Pacific“ sowie „Krieg undFrieden“.
Hauptsache: kurzweilig
Lustig, spannend und kurzweilig sind sie alle und noch eine ganze Menge andererSpiele dazu. Etwa „Klunker“, bei dem es darum geht, möglichst viele seinerSchmuckkarten in Geldkarten umzuwandeln. Oder „Druidenwalzer“, bei dem sich zweiOber-Druiden um den Einfluss streiten und ihre Baumgeister einsetzen. Oder „Feuer& Wasser“, ein 10 bis 20 Minuten dauerndes Spiel, das dem Knobeln nachgebildetwurde – mit Feuer, Wasserkrug und Holzknüppel ausgerüstet, müssen die zweiSpieler bedenken, dass das Feuer zwar den Holzknüppel verbrennt, aus demWasserkrug aber das Feuer gelöscht wird und für den Wasserkrug Gefahr vomHolzknüppel droht . . . Nicht vergessen werden darf in dieser Aufzählung auch „Money“, das wie„Chinatown“, „El Caballero“, „Giganten“, „Kahuna“, „Kontor“, „Mamma Mia“,„Ta Yü“, „Tikal“, „Union Pacific“ und „Verräter“ auf der Auswahlliste zum Spiel desJahres stand. Das Rennen machte schließlich „Tikal“.
Kinderspiele
Auch für die Kleinen gibt es viele schöne und gute Spiele. Etwa Mix vom VerlagSchmidt-Spiele mit einer Memory-Ähnlichkeit Die Spieler sollten möglichst vieleFarbendrillinge von den neun Schuhattrappen sammeln. Das Verflixte ist nur, dassdiese auf ihren beiden Seiten jeweils eine andere Farbe haben. Oder zwei Versionendes Klassikers „Mensch ärgere Dich nicht“, ebenfalls von Schmidt-Spiele. Die eine istein Kartenspiel, die andere ein Knobeln mit Würfeln. Sehr einfache Regeln lassen beibeiden den Pfeffer des bekannten Spieles schmecken: man kann sehr boshaft sein . . .Mit „Fette Bäuche“ ist Klaus Teuber, dem Siedler-Erfinder, wieder ein sehr lockeresSpiel für Kinder gelungen, erschienen bei Klee. Schweine mit unterschiedlichemFassungsvermögen ihrer gleich dicken Bäuche werden gefüttert, bis ihr Bauch platzt.Hoffentlich passiert das den anderen . . . Die „Buddelbande“ von Goldsieber entführtin die Gartenwelt der Maulwürfe, denen fette Nahrung winkt, aber auch manche Gefahrdroht. „Mama Mammut“ und das „Störrische Muli“, Klee, sowie dasAffen-Wetrennen „Top Banana“, Schmidt, sind ebenfalls Spiele, die in der Tierweltangesiedelt sind. „Buchstabe für Buchstabe“, Schmidt, dagegen will zum spielendenLernen verhelfen. Und bei „Kiara, Kovu, Rafiki“ von Schmidt begegnen die Kinder denFiguren aus dem „König der Löwen“.
Kinderspiele im Test
(Aus der Kirchenzeitung vom 16. Dezember 1999)
Wer ist es? kann schon mit Kindern im Vorschulalter gespielt werden. Auf 24Täfelchen sind Gesichter abgebildet – Gauner, denen der Detektiv (Spieler) auf dieSpur kommen soll. Durch gutes Fragen sortiert er nach und nach Gesichter aus, auf diedie Beschreibung nicht passt. Wer ist es?, MB, Hasbro, 2 Spieler, ca. 10 Minuten, ab 5 Jahren, S 160,–
Zicke Zacke Hühnerkacke hat den Sonderpreis Kinderspiel in der Wertung Spiel des Jahres 1998 und den Deutschen Spielepreis – Bestes Kinderspiel 98 – erobert. Nichtzu Unrecht. Auf einem Hühnerhof-Parcours ist Memory-Gedächtnis beimBilderkärtchen-Aufdecken gefragt, um andere zu überholen und sich Schwanzfedernanstecken zu können. Zicke Zacke Hühnerkacke, Zoch, ab 4, 2-4 Spieler, 20 Min., S 550,–
Kayanak (Sonderpreis Kinderspiel 1999) spielt im arktischen Eis. Die Eskimos(Spieler) haken Löcher ins Eis und versuchen, Fische durch die Eisdecke zu angeln.Aber Achtung vor Tauwetter und zufrierenden Löchern. Die magnetische Angel hebtden Spielreiz zusätzlich. Kayanak, HABA, ab 6, 2-4 Spieler, 25 Minuten, S 350,–
Noch drei schöne, leichte und preisgünstige Tier-Spiele: Katzenschmaus sowie Zebras& Löwen von Schmidt-Spiele und Mucki Maulwurf gräbt sich durch von Piatnik. Essind Spiele ab 5 Jahren für 2-5 (bzw. 6) Spieler: Mucki Maulwurf gräbt sich mit ans „Verflixte Labyrinth“ erinnernden Spielzügen durchden Boden. Beim Katzenschmaus muss die Katze auf dem Spielbrett zur Nahrungfinden