08.02.2000 - Kirchenzeitung der Diözese Linz, Brigitte Huemer
Der Schulweg, der Weg zur Arbeit, Einkaufswege, der Spazierweg . . . die meisten Wege sind alltägliche Wege, regelmäßig wiederkehrend und festgelegt, von vielen Wegzeichen bestimmt. Die Wege des Alltags sind vertraut und sicher. Wanderwege durch Wälder und auf Bergen sind oft unbekannte, neue Wege. Wegmarkierungen und Karten geben Hilfen zur Orientierung. Trotzdem kann es passieren, dass man sich verirrt, einen Umweg geht oder an einer Wegkreuzung nicht weiter weiß, weil Wege zum Verwechseln ähnlich aussehen . . . Die Bibel ist ein Buch voller Weggeschichten. Abraham, Jakob, Josef oder Mose sind nur einige der Beispiele. Gott selbst ist ein mitgehender Gott, ist mit seinem Volk auf dem Weg: Der Herr zog vor ihnen her . . . um ihnen den Weg zu zeigen (Ex 13, 21). Im Ersten Testament wird der Mensch beschrieben als Geschöpf, das zeit seines Lebens unterwegs ist. Mit „Lebensweg“ eines Menschen ist einerseits der Lebenslauf an sich gemeint, andererseits der Lebenswandel. So heißt z. B. das hebräische Wort für sündigen wörtlich „den Weg verfehlen“. Gott gibt den Menschen durch Weisung und Gebote seine Wege kund, damit sie den falschen Weg verlassen und auf Gottes Wege wechseln. Das hebräische Wort für Weg wird in der Bibel fast immer da gebraucht, wo von einem Leben nach den Geboten Gottes die Rede ist. In den Psalmen wird immer wieder die Bitte ausgesprochen: „Zeig mir deine Wege, lehre mich deine Pfade.“ Gleichzeitig ist sich Israel bewusst, dass es oft schwer ist, Got-tes Weg zu erkennen und auf seinem Weg zu bleiben. So spricht Gott etwa durch den Propheten Jesaja: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und meine Wege sind nicht eure Wege. So hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch erhaben sind meine Wege über eure Wege und meine Gedanken über eure Gedanken“ (Jes 55, 8–9). In den Evangelien wird der Lebensweg Jesu als Weg beschrieben, der sich im Gehen von Galiläa nach Jerusalem erfüllt. Jesus selbst spricht von sich als „der Weg“ (Joh 14, 6). Christlicher Lebensweg vollzieht sich als Gehen in den Fußspuren Jesu. Die ersten christlichen Gemeinden verstanden sich auf diesem Hintergrund als „neuer Weg“ und ihre Verkündigung als „Weg zum Leben“.