Vom Wöchnerinnen-Besuchsdienst bis zur Pfarrhof-Sanierung sind die Ehrenamtlichen in St. Stephan sehraktiv. Probleme gibt’s mit Menschen in Randzonen.
Pfarrer Peter Neuhuber ist seit November 1999 in St. Stephan. Die Pfarre hat mit dem neuen Seelsorger einen Umbruch erlebt. Einerseits sprechen die Mitglieder von einem „Generationenwechsel“, auch bei den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (etwa beim Pfarrbuffet-Kreis oder bei der Jugendarbeit), andererseits sind die Ehrenamtlichen mehr in die Organisation des Pfarrlebens eingebunden. „Ich hab halt Hilfe gesucht!“, meint Pfarrer Neuhuber.
Besuche bei Pfarrmitgliedern
Der Wöchnerinnen-Besuchsdienst etwa ist aus der Überlegung entstanden, wie eine Stadtpfarre Kontakt zu jungen Familien knüpfen kann. Einige Frauen überbringen die Gratulation der Pfarre und eine Kerze als Geschenk. Oft ergibt sich dabei ein Gespräch über die Taufe. Es besteht auch ein Krankenhaus-Besuchsdienst. Die Mitglieder des Pfarrgemeinderates besuchen Erst-Kirchenbeitragszahler/innen, Aloisia Denkmayr vom Pfarrgemeinderat geht zu säumigen Beitragszahler/innen.Zwei Ehepaare organisieren monatliche Seniorentreffen. Sie haben diese Arbeit vom früheren Pfarrer übernommen. Die „organisierenden“ Frauen bereiten auch die diesjährige einwöchige Pfarrfahrt vor. Bemerkenswert ist ebenso der Kirchenchor, der 1998 sein 30-jähriges Bestehen gefeiert hat. Obfrau Marianne Hummer kümmert sich auch um das Gemeinschafts-Leben des Chores – etwa mit selbstverfassten Geburtstags-Gedichten. Einmal im Monat gestaltet der Kinderliturgiekreis in der „Zeltkirche“ einen Familiengottesdienst. An den übrigen Sonntagen gibt es eine kindgemäße Liturgie in der Kapelle. Es bestehen außerdem zwei Kinder-Gebetskreise.
Finanzquelle Flohmarkt
Etwa 80 Menschen arbeiten alle zwei Jahre etwa zwei Wochen lang für den Flohmarkt, für den St. Stephan bekannt ist. Er ist nicht nur eine wichtige Finanzquelle für die Pfarre, sondern auch ein starkes Gemeinschaftserlebnis.Zeit und Kraft stecken Ehrenamtliche zudem in die Bautätigkeit der Pfarre. In den letzten vier Jahren sind der Pfarrsaal und das Pfarrbuffet neu gestaltet worden, derzeit wird der Pfarrhof saniert. Pfarrer Neuhuber schätzt seine „sehr aktive Kerngemeinde“. „Sorgenkind“ ist die Siedlung „Noitzmühle“, welche er nur schwer erreicht, trotz der Versuche, etwa das Fest zum Jungschar-Arbeitsjahr-Start oder die Fronleichnamsprozession dort zu veranstalten.
Steckbrief
Die Pfarre hat den Namenspatron ihres ersten Pfarrers, Stefan Macsady. Dieser war 1952 als Flüchtling aus Ungarn nach Lichtenegg gekommen.Das Barackenlager wurde 1938 als Notkaserne errichtet. 1945 wurde dieses Gebäude und die dort untergebrachte Wehrmachtssanitätsabteilung in ein Flüchtlingslager (Lager 1001) umgestaltet, in dem zunächst vor allem Insassen der Konzentrationslager untergebracht wurden. Im Lauf der Jahre gingen tausende Flüchtlinge durch das Lager. Nach der Repatriierung wandelte die Gemeinde das Lager in eine Notwohnsiedlung um.1952 kam Pfarrer Stefan Macsady ins Lager. Die seelische Not der Heimatvertriebenen veranlasste ihn, hier zu bleiben, um für die Flüchtlinge zu wirken. Er organisierte auch den Bau von Häusern für diese Menschen. Im Herbst 1952 errichteten die Flüchtlinge innerhalb von vier Wochen eine Lagerkirche aus Holz. Auch die heimische Bevölkerung besuchte nach und nach die Lagerkirche. Im Jänner 1961 wurde St. Stephan eine eigene Pfarre. Von Architekt Odarizzi stammt der Plan für die „Zeltkirche“. Sie ist ein Symbol dafür, dass wir nur „Pilger“ in dieser Welt sind und dass St. Stephan für viele Menschen neue Heimat geworden ist. Mit dem Bau wurde 1962 begonnen, 1966 wurde die Kirche von Diözesanbischof Franz S. Zauner geweiht.
Anlässe gibt’s genug
„Die Pfarre versteht zu feiern“ Deutlichster Ausdruck der „Feier-Freude“ der Pfarre St. Stephan ist wohl das neue Buffet im Pfarrheim. Im Zuge der Umbauarbeiten im Pfarrheim wurde neben dem Pfarrsaal 1996 die frühere Pfarrküche neu adaptiert. Seither steht eine Ausstattung wie Bierzapf-Anlage oder Geschirrspüler zur Verfügung. Ein eigener „Pfarrbuffet-Kreis“ trägt die Verantwortung dafür, dass alles funktioniert. Das Buffet wird auch ausgenutzt: Jeden Sonntag veranstaltet eine andere Gruppe der Pfarre den Frühschoppen. Damit dabei den Jüngsten nicht fad wird, gibt es für sie sogar Spielzeug. Die Einnahmen aus dem Buffet werden für das Firmbuffet verwendet. Im Jahr 1999 haben dafür zehn Frauen 1000 Brötchen belegt! Doch auch andere Anlässe werden gefeiert, etwa das Erstkommunion-Frühstück oder der Pfarrball. Im Sommer gibt es ein Fest für die ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen und Ostern wird mit einer „Auferstehungsjause“ mit den geweihten Speisen nach der Osternachtsliturgie gefeiert. „Die Pfarre versteht zu feiern“, meint Pfarrer Peter Neuhuber.
Die Jugend ist aktiv
Nur die „Oldies“ machen Sorgen Die Jugendlichen in St. Stephan sind in die Pfarre eingebunden. Probleme bereiten eher die jungen Erwachsenen, die weniger aktiv sind.Neben den Jugendgruppen und dem Jugendchor gibt es seit drei Jahren in St. Stephan einen offenen Jugendtreff. Er wird vor allem von jungen Menschen genutzt, die nicht in einer der Jugendgruppen aktiv sind. „Das Netz“, so der Name des Treffs im Pfarrheim, wird von 15 bis 20 Jugendlichen besucht. Besonders beliebt sind die „Netz-Feste“. Seiteinigen Monaten veranstaltet die Pfarr-Jugend einmal monatlich den Frühschoppen im Pfarr-Buffet.Besonders gut kommt bei den Jugendlichen die Firmvorbereitung an, die Kaplan Hans Resch organisiert. Mehrere Gruppen verwirklichen dabei je nach Begabungen verschiedene Projekte. Sorgenkind der Pfarre sind die jungen Erwachsenen (zwischen 20 und 40 Jahren), doch auch für diese „Jugend-Oldies“ arbeitet ein „betroffenes“ Paar am entsprechenden Programm.
Die „Zeltkirche“ St. Stephan
Ein Kirchenbau als Symbol und Programm für die neue Pfarre in Wels-Lichtenegg Flüchtlinge spielten von Anfang an eine Rolle für die Pfarre St. Stephan. Die Kirche wurde nach einem Plan von Architekt Odarizzi gebaut. Als Zelt ist sie für Pfarrer Peter Neuhuber „ein Symbol für Flüchtlinge, dass sie nicht heimatlos sind in der Welt“. Sie ist ein Zufluchtsort zwischen den Wohnblöcken. Der frei stehende Turm ist zu einem Wahrzeichen geworden. Das Bild unten zeigt ein Fenster von Lydia Roppolt.
Offen für Fremdsprachige
Im Lager in Lichtenegg waren insgesamt 14 verschiedene Nationen vertreten, es wurden Gottesdienste in vier Sprachen abgehalten. Pfarrer Stefan Macsady hat auch die Errichtung von Wohnungen für die Flüchtlinge organisiert. Junge Menschen vom Bauorden haben dabei geholfen.St. Stefan ist auch heute für fremdsprachige Menschen offen. Regelmäßig feiern kroatische, ungarische und polnische Gemeinden hier Gottesdienste und können die Räume der Pfarre nutzen. Evangelische Christen haben in St. Stefan eine Außenstelle eingerichtet. Das Pfarrheim steht aber auch Muslimen für Veranstaltungen offen.