Die Kirchenaustritte sind im letzten Jahr auf eine neue Rekordmarke geklettert. 44.361 Frauen und Männer kehrten der katholischen Glaubensgemeinschaft den Rücken. Reflexartig kommt nach solchen Meldungen in den letzten Jahren stets die Frage „War da etwas?“.
Und die Antwort ist rasch bei der Hand: Natürlich war da etwas – der ungeniert medial ausgetragene Streit zwischen einigen Bischöfen um den Ad-limina-Bericht; die bis heute wenig überzeugend begründete Schnellentlassung von Helmut Schüller als Generalvikar von Wien; das lähmende Schweigen zu Reformanliegen des „Dialogs für Österreich“. Wer sagt, dass solche Ereignisse keine Rolle spielen, lügt sich selber in die Tasche. Eine kurze Nachfrage bei den Kirchenbeitragsstellen beweist das Gegenteil.
Und doch greifen solche Erklärungen über eine seit 15 Jahren anhaltend hohe Austrittsbewegung, von der auch die evangelische Kirche erfasst ist, zu kurz. Seit den 70er Jahren ist die Bindung der Getauften an ihre Kirche schwächer und schwächer geworden. Die Kirchen haben als erste Adresse für Sinnstiftung, Lebensdeutung und Wertorientierung immer mehr an Gewicht verloren. Auch deshalb, weil ihre Kernbotschaft von einem erfüllten Leben aus der Liebe Gottes von der „Medienwirklichkeit“ ausgeblendet ist und daher viele Menschen, die nicht mehr in einer Kirchengemeinde verwurzelt sind, gar nicht erreicht. Alt, überholt und versteinert – so sehen viele die Kirche und sehnen sich nach einer solidarischen Gemeinschaft von „lebensvollen“ Menschen. Das wäre doch Kirche.