Europa-Symposium: Alternativpädagogik den Kindern zuliebe
Ausgabe: 2000/22, Alternativpädagogik
30.05.2000 - Maria Haunschmidt
Eltern fragen oft schon bei der Schulanmeldung nach Alternativpädagogik als Gegengewicht oder Ergänzung zum herkömmlichen Frontalunterricht. Ist sie ein Allheilmittel für das Kind?
Lernen ist meist mit Anstrengung verbunden. In der alternativen Pädagogik steht aber nicht das erwachsenenorientierte Pauken im Vordergrund, sondern das Kind mit seiner Neugierde, Offenheit und natürlichen Freude am Lernen. Viele heutige Lehrer/innen halten nicht starr an dem einen oder anderen System fest: Sie bewegen sich zwischen herkömmlichen und anderen, neuen Wegen. Im Gegensatz zu früher kommt an der „alternativen Pädagogik“ heute kein/e angehende/r Lehrer/in mehr vorbei. Welches breite, vielschichtige Feld sie ist, vermittelte ein europäisches Symposium in der Pädagogischen Akademie der Diözese Linz. Es war der Höhepunkt einer Europäischen Woche mit Kreativtagen. Was die sogenannten Alternativschulen ausmachen, lässt sich auf einen Nenner bringen: offenes, zum Teil selbst bestimmtes Lernen, Selbsthilfe und gegenseitige Hilfe, Lernen in der Praxis in Verbindung mit Projekten sowohl in als auch außerhalb der Schule.
Das Beste herauspicken
Die Wurzeln alternativer Pädagogik gehen vor allem auf geniale Pädagog/innen des vergangenen „Jahrhunderts des Kindes“ zurück. Bekannte Namen: Montessori, Steiner und viele andere. Einer der Vorreiter war auch Adolf Reichwein, nach dem in Deutschland mehr als 30 Schulen benannt sind. Der Freiburger Hochschulprofessor Dr. Ekkehard Geiger würdigte im Rahmen der Tagung diese Lehrerpersönlichkeit „zwischen Aktion und Kontemplation” mit seinem Hauptreferat. Am besten wird Reichwein durch ein Zitat eines ehemaligen Schülers beschrieben: „Er hat uns frei gemacht und zum selbstständigen Denken gebracht.” Bei einem regen Gedanken- und Ideenaustausch plädierten namhafte Pädagogen in Linz durchwegs für eine sinnvolle Kombination der Methoden: Jeder sucht das für ihn Richtige und Passende heraus und bezieht es in das Regelschulsystem ein. Ein Zukunftskonzept: Der Lehrer ist nicht der Allwissende, sondern immer mehr Mediator (Vermittler). Dies alles erfordert nicht nur Know how, sondern auch viel Engagement und Phantasie. „Alles kann man aber ohnehin nicht machen, dazu ist die Zeit zu kurz!“ so eine engagierte Lehrerin des international besetzten Forums. Was und wieviel möglich ist, hängt auch von Kriterien wie der Struktur und den Möglichkeiten der Regel/Schule ab. Bedauert wurde, dass alternative Pädagogik mit etwa zehn Jahren meist abreisst und die Kinder dann frustiert sind. Um das aufzufangen, schaut man in der Lehrerbildung verstärkt auf alternative Inhalte, ganz konkret zum Beispiel ab Herbst in der Hauptschullehrerausbildung der PÄDAK der Diözese Linz.
Da ist man gerne Schüler/in ...
Diese reformpädagogischen Konzepte wurden im Rahmen der Europäischen Woche in Linz in Workshops vorgestellt: Montessori-Pädagogik („Helft mir es selbst zu tun!”), M.: italienische Ärztin und Pädagogin, Ý 1952. Prof. Silvia Lukarsch von der PÄDAK der Diözese Linz und Dir. Wilhelm Hochreiter, evangelische Volksschule Salzburg, stellten Materialien für Mathematik und Integration vor. Freinet-Pädagogik („Selbst bestimmtes und kooperatives Lernen”), F.: französischer Landschullehrer, Ý 1966. Gezeigt am Beispiel der Volksschule Kirchberg von Martin Merz.
Dalton Plan von Helen Parkhurst („Lernen lernen und leben lernen”), Dalton: amerikanische Stadt, Parkhurst, amerikanische Lehrerin, Ý 1973: Prof. Ferdinand Gupfinger, PÄDAK der Diözese Linz, stellte drei Stationen, abgestimmt auf Volks-, Haupt- und Sonderschule, vor.
Schmetterlingsschule (Montessori- und Pestalozzi-orientiert), Pestalozzi: Schweizer Sozialpädagoge, Ý 1827. Die Schmetterlingsschule in Ried/I. betreut derzeit 65 Kinder sowohl in Kindergarten und Schule. Freier und ungebundener Unterricht wurde vorgestellt.
Reichwein-Pädagogik („Das schaffende Schulvolk”), R. Ý 1944, wirkte zum Beispiel im Vorfeld einer Medienpädagogik, die eigenes Tun anstatt Berieselung bevorzugt. Er propagierte schon damals den Schüleraustausch. Den typischen Fächer übergreifenden Projektunterricht zeigte Prof. Geiger aus Freiburg.