Der größte Integrations-Schritt ist, dass Menschen mit Behinderung nicht mehr von klein auf abgesondert sind. Dass sie akzeptiert sind und sich in der Öffentlichkeit ganz selbstverständlich zeigen. Aber es ist noch ein weiter Weg bis zur Inklusion. – So lautet der Befund des Geschäftsführers der Miteinander GmbH, Mag. Peter Paar.
Ausgabe: 2015/45, Behinderung, Arbeit, Verein Miteinander, Paar,
03.11.2015 - Ernst Gansinger
Vor 40 Jahren ist der Verein Miteinander, eine Elterninitiative zugunsten körperbehinderter Kinder und Jugendlicher, gegründet worden. Was klein begonnen hat, ist zu einem wichtigen Anbieter in den integrativen Bereichen Leben, Lernen und Arbeiten geworden.
Arbeiten
Von Anfang an war die unbehinderte Teilhabe am Leben das Anliegen des Vereins mit Wirkungsgebiet Oberösterreich, der heute seine Leistungen als Unternehmen, als GmbH, anbietet. In Politik und Gesellschaft ist viel von Integration und Inklusion (die selbstverständliche Teilhabe an allen Lebensbereichen) die Rede. Wie aber steht es wirklich darum? „Von einem inklusiven Leben, Lernen und Arbeiten sind wir noch weit weg“, sagt Paar. „Standard ist, dass noch immer viele Menschen mit Beeinträchtigung in einer Einrichtung nur mit ihresgleichen wohnen und arbeiten. Die inklusive Beschäftigung steckt in den Kinderschuhen. Kaum noch können Menschen mit Behinderung normal in einem Betrieb arbeiten.“ Nur wenige Betriebe stellen Menschen mit Behinderung ein. Und das Alltagsleben wie die Freizeit ist oft eine einsame Zeit. Viele Jugendliche etwa können ausschließlich mit ihren Eltern fortgehen, es ist sonst niemand da.
Werkstätten
In Oberösterreich tut sich zwar einiges, würdigt Paar sozialpolitische Anstrengungen. In unserem Bundesland geht es nach und nach in Richtung inklusive Beschäftigung, und diese werde im Wesentlichen durch die Landespolitik vorangetrieben. Darunter sei aber nicht die Dezentralisation zu verstehen – wenn Einrichtungen Werkstätten nicht auf einem Standort konzentrieren. – Denn solange Menschen mit Beeinträchtigung in Werkstätten beschäftigt werden, sind sie abgeschieden, nehmen nicht am Arbeitsleben teil. Allerdings gibt es auch die Scheu der Menschen mit Behinderungen, die schon länger in Werkstätten arbeiten, in Betriebe zu wechseln.
Etwas zutrauen
Entsprechend begleitet, können Menschen mit Beeinträchtigung am Lernen und Arbeiten integrativ, inklusiv teilhaben. Mittlerweile gibt es dafür viele Belege. Etwa, als ein Mensch mit Down-Syndrom die Matura gemacht hat. Paar weist am Beispiel von Menschen mit Down-Syndrom auf die Folgen von Ausgrenzung und die Wirkung von Inklusion hin: Noch vor 40 Jahren galt die Meinung, dass diese Menschen eine Lebenserwartung von maximal 25 Jahren haben. Und viele starben tatsächlich in jungen Jahren. Jetzt ist es normal, dass sie alt werden. Ihnen nichts zuzutrauen, sie auszugrenzen, hatte zur Folge, dass sie ihr Leben nicht entwickeln konnten. Jetzt traut man ihnen diese Teilhabe am Leben zu, und sie können sich entwickeln.
Lernen
Die Bildungs-Teilhabe ist schon entwickelter als die Arbeits-Teilhabe. Aber es wäre viel mehr möglich. Es müsste selbstverständlich sein, dass Menschen mit Beeinträchtigungen, ob körperlich (das ist mittlerweile Schulpraxis) oder geistig oder psychisch, keine Sonder-Schulen brauchen. Sie sollen Regelschulen besuchen können, in denen ausreichend auf ihre Bedürfnisse eingegangen wird. Arbeiten, Wohnen und Lernen sind für alle Menschen wichtige Bereiche, sagt Paar. Nirgends braucht es eine Spezialbehandlung für Menschen mit Behinderungen. Es bräuchte keine Sozialpolitik, es müsste nur logisch sein, dass sich die Wohnpolitik um alle Menschen kümmert, dass sich die Beschäftigungspolitik um alle in gleicher Weise annimmt.
Es braucht Hilfen
Alle Menschen mit Beeinträchtigung sollen am ganzen Leben teilhaben. Das ist ein Menschenrecht, sagt Paar. Bei Beeinträchtigung braucht es Hilfen. Wer schlecht sieht, braucht zum Beispiel eine Brille. Ohne sie ist er behindert. Das gilt für alle Formen von Beeinträchtigung, sagt Paar. Die Gesellschaft muss sich darum kümmern, dass die Hilfen zur Verfügung gestellt werden.
Miteinander
40 Jahre. 1975 gegründet, hat der Verein jetzt etwa 300 Mitglieder und die GmbH 300 Mitarbeiter/innen. Standorte gibt es in Linz, Wels, Steyr, Ried und Gmunden. Entwicklung. 1984 wurden erste Aktivitäten des Mobilen Hifsdienstes mit Zivildienern begonnen. 1986 startete der Verein einen Freizeitclub. Seit 1996 engagiert sich Miteinander in der Frühförderung und in der Arbeitsassistenz. In weiterer Folge wurde eine Familienberatungsstelle gegründet, die Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz, Wohnprojekte sowie ein Berufsintegrations-Projekt begonnen und eine Hauskrankenpflege aufgebaut Seit 2008 gibt es Betreubares Wohnen für alte Menschen.