Weltoffene Kirche Eine Welser Pfarre, von Missionaren geleitet
Ausgabe: 2001/05, Wels-Herz Jesu
30.01.2001 - Ernst Gansinger
Die älteren Leute halten zur Kirche, die Kerngemeinde ist stark engagiert. Viele junge Menschen aber und eine große Zahl der Bewohner/innen mancher Neubaugebiete haben keinen Bezug mehr zur Kirche. Weitherzig sind viele Menschen, die die Kirche ansprechen kann. – Das sind einige Merkmale von Herz Jesu.
Dass sie von den Steyler Missionaren betreut wird, drückt der Pfarre in der Welser Neustadt einen besonderen Stempel der Weltoffenheit auf. Das zeigt sich auch, wenn gesammelt wird. Sowohl bei den Caritas-Sammlungen als auch bei „Sei so frei/Bruder in Not“ der Katholischen Männerbewegung, beim „Familienfasttag“ der Katholischen Frauenbewegung und ganz besonders bei der „Dreikönigsaktion“ der Katholischen Jungschar sind die Pfarrangehörigen großzügig. Die heurige Dreikönigsaktion erbrachte etwa S 300.000,–, für eine Stadtpfarre ist das rekordverdächtig!
In den letzten zehn Jahren lieferte Herz Jesu für die verschiedenen Sammlungen zur Linderung von Not in unserem Land und für die Menschen in den armen Ländern des Südens mehr als acht Millionen Schilling ab. Immer ein offenes Ohr und Herz zu haben für Menschen, die Hilfe brauchen - das ist mit den beiden Türmen der neoromanischen Pfarrkirche wohl das auffälligste Wahrzeichen dieser Welser Pfarre. Sie war auch von Anfang an entsprechend herausgefordert, sich zu öffnen, und ist es bis heute. Im Pfarrgebiet spielt sich das Leben mit vielen Facetten von Lernen, Arbeiten und Freizeit- Gestalten ab, zwischen den Polen Freud’ und Leid. Hier ist u. a. der Standort für vier Kindergärten, sechs Schulen, das kirchliche Bildungshaus Schloss Puchberg, eine Lebenshilfe-Tagesheimstätte, das Krankenhaus der Kreuzschwestern, ein Altenheim, die Welser Garnison und den Stadtfriedhof. Die Schriftführerin des Pfarrgemeinderates (PGR), Mag. Johanna Jakubec, PGR-Obmann Dir. Karl Ploier, der Obmann des Pfarrkirchenrates, Alfred Franke, und Dir. Margarete Wendl, Leiterin der Pfarrcaritas, sind sich mit Pfarrer P. Johann Bauer einig: Wir sind eine lebendige Pfarre, aber es wird schwerer, Mitarbeiter/innen zu gewinnen.
Nicht jede Öffnung gelingt
Die Jugendbetreuer/innen besuchten bisher nach der Firmung alle etwa 100 Firmlinge zu Hause. Nur zwei nahmen im letzten Jahr die Einladung zu den Jugendangeboten der Pfarre wahr. Die Zuständigen für die Jugendarbeit überlegen daher andere Formen. Auch manche Neubaugebiete sind auf der Pfarr-Landkarte fast weiße Flecken. „Nur die Sternsinger kommen noch überall hin.“ Im Neubaugebiet rund um die Karpatenstraße wird im Frühjahr 2001 eine kleine Florian- und Severin-Kapelle gesegnet. Zeugnis inmitten einer Welt, in der sonst christliche Zeichen sehr rar sind.
Steckbrief
Eine private Initiative ließ die Pfarre Herz Jesu vor etwa 100 Jahren entstehen. Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Menschen aus allen sozialen Schichten, von der kaiserlichen Erzherzogin bis zur Dienstmagd, ließen sich den Bau der Kirche ein Anliegen sein. Diese wurde im neoromanischen Stil zwischen 1905 und 1911 errichtet. Bereits vorher entstanden das Krankenhaus der Kreuzschwestern und deren Kindergarten. Die Kirche ist groß. Der „Dom auf der Heide“ sollte ja auch als Garnisonskirche dienen. 1925 wurde Herz Jesu eine eigene Pfarre, die ab 1923 von den Steyler Missionaren geführt wird. Sie hatten Pläne für ein Kloster samt Seminar (ähnlich dem jüngst geschlossenen Mariannhiller Internat). Die Geschichte wollte es anders. Die Steyler Missionare sind ganz in der Pfarrarbeit aufgegangen und betreuen die mittlerweile mehr als 9.000 Katholiken zählende Welser Pfarre bis heute (und weiter in die Zukunft). Ein Missionsorden, der eine Pfarre führt – das hat natürlich Auswirkungen. Manche „Spezialität“ der Pfarre wurzelt darin. Häufig kommen Missionare und bringen ihre Missionsarbeit den Pfarrangehörigen, etwa in Predigten, näher, so z. B. zu „Sei so frei“. Ihr Zeugnis bewegt die Herzen der Menschen.
Einladend für Jung und Alt
Viele Gruppen sorgen für eine bunte Angebotspalette in Wels-Herz Jesu
„Wir drängen uns nicht auf, wir verhalten uns einladend.“ Dies ist das Motto von Pfarrer P. Johann Bauer für die Seelsorge seiner Pfarre, die rauer städtischer Luft ausgesetzt ist. Solche Einladungen beginnen beim Angebot für die Kleinsten – der Kinderstunde für die Vier- bis Siebenjährigen. Sie setzen sich über weitere Kinder- und Jugendrunden, ein reichhaltiges Programm des Katholischen Bildungswerkes sowie der Katholischen Frauen- und Männerbewegung, der CaritasArbeit für die armen Menschen bis hin zu einer eigenen Seniorenrunde fort. 30 bis 40 Senioren erleben hier Geborgenheit und Geselligkeit. Seniorentanz, Spielrunden, Meditation und Vorträgen stehen auf dem Mitmach-„Speisezettel“. Jährlich kommen etwa 120 Kinder zur Erstkommunion. Etwa ebenso viele Kinder bereiten sich auf das Bußsakrament vor. Für beide Gruppen bietet die Pfarre eine außerschulische Begleitung an. Dass Erstkommunion in der zweiten Klasse Volksschule gefeiert wird und das Bußsakrament in der dritten Klasse, ist nicht selten. Die Pfarre Herz Jesu aber belässt die Tischeltern-Gruppen über die beiden Jahre bestehen. Die Kinder werden in der Vorbereitung auf das Bußsakrament wieder von ihren Tischeltern unterstützt, wodurch die Religionslehrer/innen sehr entlastet werden. Die Pfarre stellt dazu eigene Behelfe zur Verfügung.
Ehrenamtliche als Stützen der Pfarre
Viel leisten ehrenamtlich mitarbeitende Pfarrangehörige. So hat die Pfarre keinen angestellten Mesner. Sie kann sich aber u. a. auf vier ehrenamtliche Organisten und dreißig Menschen stützen, die mithelfen, dass die Kirche immer schön ist. Drei Namen stellvertretend für viele, die mit anpacken: Berta Laher und das Ehepaar Greinecker besorgen wie die Heinzelmännchen den Kirchenschmuck und sorgen damit für ein schönes „Kirchen-Outfit“.
Pfarrsplitter
Caritas
Kranke und alte Menschen besuchen (jährlich auch ein Krankennachmittag mit Krankensalbung), die Haussammlung, den Armen unter die Arme greifen (u. a. eine wöchentliche Sprechstunde) – als Leiterin des Fachausschusses Caritas sorgt Dir. Margarete Wendl mit vielen Mitarbeiter/innen für ein sehr soziales Klima in der Pfarre. Sie leidet nur etwas darunter, dass es schwierig ist, junge Leute zur Mitarbeit zu gewinnen. Auch die Männer sind eine Minderheit.
Männer
Zu Bibellesung und Gebet, Meditation, politischem Gespräch ... kommen monatlich etwa zwölf Mitglieder der Katholischen Männerbewegung (KMB) zusammen. Sehr stark engagiert sich die KMB der Pfarre auch für den Aufbau einer Dekanats-KMB.
Frauen
Die Frauen- und Mütterrunde sowie der Frauentreff haben ein abwechslungsreiches Programm. Dazu gehörten u. a. eine herbstliche Nachtwanderung, besinnliche Feiern, heitere Gedächtnisspiele, Besuche von Stift Schlierbach und der Ausstellung „Puppenträume“. Aber auch der Schuh drückt: Die Mitgliederzahlen sinken.
Kinder
Die Pfarre feiert einen kinderfreudlichen Hauptgottesdienst. Dazu gibt es für die Kleinen zu jedem Sonntagsevangelium eine eigene Malvorlage und entsprechendes Buntstift-Werkzeug. Einmal im Monat wird eine eigene Kinderliturgie gefeiert.
Kunstvoll
Wie hier den „luftkeuchenden Gnom“ bei der Orgel findet man in der ganzen Kirche viele liebevolle Schnitzarbeiten.