Warum sollten wir uns vor der Genforschung nicht fürchten?“, fragten wir den österreichischen Ausnahme-Wissenschaftler Univ.Prof. Dr. Josef Penninger. – „Weil wir aus Genen bestehen. Und wenn wir verstehen lernen wollen, wie wir funktionieren, müssen wir auch die Gene verstehen.“
Ausgabe: 2015/49, Penninger, Gene
01.12.2015 - Ernst Gansinger
Penninger war am 27. November Gast beim „Dialog“ von „Academia Superior“ im Linzer Schloss. Er sieht die Gentechnik nicht, wie es sein Gesprächspartner Univ.Prof. Dr. Markus Hengstschläger einmal formulierte, in ethischen Fragen grenzenlos überfordert, sondern er meint, die Ethiker seien mit der Gentechnik überfordert.
Forschen: nicht wissen, wo man herauskommt
Verbotsschilder funktionieren nicht, wenn man in den Wald hineingeht und nicht weiß, wo man herauskommt, sagt der aus Gurten stammende „bekennende“ Innviertler Josef Martin Penninger. Die Wissenschaft sei der dunkle Wald, in den man hineingeht und völlig überraschende Dinge findet. Da braucht es auch die Ethik. Innovation aber könne nur entstehen, wenn es möglich ist, Neues zu finden. Das Leid als Ansporn. Der gelernte Mediziner und der Genwissenschaft verschriebene Forscher Penninger hat mit seinem Team schon viel entdeckt und entwickelt. Präparate gegen Osteoporose zum Beispiel. Hunderttausenden haben die seit 2010 am Markt zugelassenen Präparate schon geholfen. Der Einwand, die Genforschung bringe die Diagnose viel weiter als die Therapie, stimme. Ethiker warnen vor der Gefahr, dass durch das Wissen Selektion unterstützt wird, dass also in der vorgeburtlichen Phase Menschen mit Behinderung vom Leben ausgeschlossen werden. Dass die Therapie hinterherhinkt, schrecke ihn nicht, sagt Penninger. Es sei ihm Ansporn, intensiv weiterzuforschen. Er erzählt, dass schwere unheilbare Krankheiten im Familienkreis auch sein Forschen mitgeprägt haben. Es stellte sich für ihn die Frage: „Können wir mit Forschung zu Lösungen kommen, dass Krebs nicht so weh tut? Man kann den Kopf in den Sand stecken, Gott anrufen oder etwas tun.“
Wissenschaft und Fußball
Forschung sei ein Teamspiel. Die Zeit der einsam forschenden Genies sei vorbei. Penninger ist ein bekennender Teamspieler. Das von ihm geliebte Fußballspiel ist ein Paradebeispiel, wie wichtig Teamgeist ist. Mit Begeisterung erzählt er von der Entwicklung der Union Gurten, wo er einst selbst gespielt hat. Die Gurtner Fußballer sind aktuell auf dem siebten Platz der Regionalliga Mitte. Das ist Nebensache, gewiss. Aber es zeigt, wie verwurzelt Penninger ist, wie er trotz erfolgreicher Forscherkarriere Bodenhaftung hat. Er, der immer wieder als Nobelpreiskandidat gehandelt wird und zweimal unter die zehn „heißesten“ Wissenschaftler der Welt gewählt wurde. Diese Anerkennung ist durch seine vielen Hoffnung gebenden Forschungs-Ergebnisse begründet.
Organoide
Medizinische Fortschritte, zum Beispiel bei Epilepsie und Gehirntumor, sind der Stammzellen-Forschung zu danken. Revolutionär sind die Möglichkeiten, die aus Stammzellen gezüchtete menschliche Organoide bilden. Es sind Miniorgane, wie sie dem embryonalen Zustand entsprechen. An ihnen lassen sich die Organe studieren, Medikamente ausprobieren. Bei Darmkrebs zum Beispiel organoide Därme. Ein Mitglied seines Teams, Jürgen Knoblich, hat aus Stammzellen ein menschliches Minigehirn gezogen. Auch ein besonders bösartiger Knochentumor, der lange nicht behandelt werden konnte, ist nun behandelbar. Bisher blieb nur die Amputation des Armes oder Fußes als medizinische Antwort. Geforscht wird zudem zum Herzinfarkt, Hautkrebs und vielen anderen Krankheiten.