Thomas Hampson (62), amerikanisch-österreichischer Bariton, hat es einer katholischen Klosterschwester zu verdanken, dass er als junger Mensch in die Welt der Kunst und Musik eingeführt wurde.
Ausgabe: 2017/32
08.08.2017
Schwester Marietta Coyle sei eine legendäre Gesangslehrerin gewesen und habe ihn mit Schumann, Schubert und der deutschen Romantik vertraut gemacht, sagte der Opernsänger der „Süddeutschen Zeitung“. „Sie hat mein Leben geöffnet und mir die Erlaubnis erteilt, mich selbst kennenzulernen.“ Dafür sei er ihr ewig dankbar. Denn ursprünglich habe er Jura oder Geschichte studieren wollen, sich aber dann doch für die Musik entschieden.
Sinn für Spirituelles geöffnet
Aufgewachsen ist Hampson eigenen Worten zufolge in einer „sehr christlichen, evangelikalen Gegend“ und ging zugleich auch durch ein entsprechendes Schulsystem. Heute liege es ihm fern, fix zu einer bestimmten Religion oder Kirche zu gehören. „Aber ich bin ewig dankbar, dass mir in meiner Jugend der Sinn für Spirituelles und für religiöses Empfinden geöffnet wurde.“ Schon immer sei er fasziniert von den Ähnlichkeiten verschiedener Mythen gewesen, so der Sänger. Dabei habe er nie verstanden, warum so viel mehr Wert auf die Unterschiede statt auf die Gemeinsamkeiten von Religionen gelegt werde.
Mythos des Fleißes
Für das Glorifizieren von Künstlern hat Hampson nichts übrig. Diese würden heute schnell „vergöttert“ und zur Marke. „Aber welche billige Art des Mystifizierens ist das.“ Dabei werde vergessen, dass wahre Kunst harte Arbeit sei, eine intensive, anstrengende, lebenslange Auseinandersetzung mit einem Thema. Nur Künstler, die dies leisteten, würden wirklich zum Mythos. „Wir brauchen den Mythos des Fleißes, der künstlerischen und intellektuellen Anstrengung.“ Allerdings zu glauben, dass das Hören von klassischer Musik einen besseren Menschen aus jemandem mache, sei Blödsinn, sagte der Sänger. „Ein besserer Mensch können wir nur aus uns selbst heraus werden.“