Meist wird Motorradfahren mit Freiheit in Verbindung gebracht. Es fällt auf, dass gerade viele Biker religiös ansprechbar sind.
Nie werde ich Mutters Sorgen vergessen, wenn mein älterer Bruder in seinen wilden Jahren übers Wochenende mit dem Motorrad wegfuhr. Ich weiß nicht, ob er ein „Wilder auf seiner Maschin“ (H. Qualtinger) war, sicher aber haben die Stoßgebete und -seufzer der Mutter nicht geschadet. Es fällt auf, dass viele Motorradfreunde Gebete und religiöse Feiern schätzen. Hunderte Biker und Bikerinnen, wie sie sich auf Neu-Englisch nennen, sind bei Segnungen, Wallfahrten oder Maiandachten zu finden. In Deutschland gibt es gar eine „Gemeinschaft Christlicher Motorradfahrer/innen“, die sich im Straßenverkehr besonders verantwortlich bewegen wollen.
Immer wieder werden Motorradfahrende als unverantwortliche Raser bezeichnet. Solche gibt es zweifellos, grundsätzlich aber ist dem Motorrad auch Positives abzugewinnen. Beispielsweise ist die Bilanz von beförderten Personen pro Kraftfahrzeug viel weniger umweltbelastend als bei Pkws. Wer Motorrad fährt, ist zudem dem Verkehr viel unmittelbarer ausgesetzt und hat höheren Schutzbedarf. Möglicherweise lässt sich so die Hinwendung zu Motorradsegnungen erklären. Das Motorrad hat in den letzten Jahrzehnten eine enorme Entwicklung erlebt, die auch den gesellschaftlichen Wandel widerspiegelt. War es in der Zeit um den Zweiten Weltkrieg das gefragte Alltagsfahrzeug (z. B. zur Anreise zum Arbeitsplatz), so schienen mit dem Aufkommen des Pkw-Individualverkehrs seine Tage gezählt. Bis die Renaissance des Motorrades als Rennsport- und Freizeitgerät erfolgte.
„Würde Jesus heute leben, er hätte ein Motorrad“, hat mir vor kurzem ein Biker gesagt. Diese Frage bleibt offen, aber es ist schon denkbar, dass Jesus heute sich auch in dieser Szene bewegen würde. Immerhin war er bei den Suchenden seiner Zeit und bei denen, die ihre persönliche Freiheit hoch schätzten. Abschließend ein paar Zeilen aus einem „Gebet für Motorradfahrende“ (aus dem KFB-Heft „Mit dir unterwegs“): Gott, wenn ich das Motorrad beschleunige, drücke ich meine Lebensfreude aus. Behüte mich auf der Straße und bewahre mich vor dem Tod. Ich will dich loben im frischen Fahrtwind, so lange ich lebe.