In Kenia hat Sr. Maria Pacis Vögel von den Menschengelernt, ihre Beziehung zu Christus zu vertiefen.
Als ich vor 30 Jahren in Nairobi die vielen bunten Bougainvilleas erblickte, diese leuchtend blühenden Büsche, und von den Mitschwestern herzlich begrüßt wurde, da verspürte ich tiefe Freude und war voller Erwartungen. Der Ankunft in Kenia war meine Berufung zur Missionsschwester vorausgegangen. Sie kam nicht durch eine sensationelle Vision aus heiterem Himmel. Vielmehr wurde ich nüchtern auf sie aufmerksam. Im Alltagsleben reifte sie heran. Ich war beeindruckt vom Einsatz tüchtiger und attraktiver Menschen. Ihre Begeisterung für Christus und die Weltkirche hob sie über ihre eigenen Grenzen hinaus. Mein Engagement als Christin war mir nicht gut genug. Ich wollte ein intensiveres Leben mit Christus wagen, der „Weg, Wahrheit und Leben“ ist.Die Ernüchterung in Kenia folgte schon am ersten Sonntag in Kagwe, oben im Kikuyuland. In der Messe verstand ich kein Wort. Anschließend jedoch verstand ich auch ohne Sprachkenntnis, dass ich von den vielen, die mich umdrängten, willkommen geheißen und angenommen war. Da begriff ich, dass Dasein genau so wichtig ist wie Worte und Taten.
Gefasst sein auf Neues
Dass zu meiner Berufung auch die Erfahrung von Fremde und Verzicht gehört, wurde mir klar, als ich vom Tod meines Vaters erst am Abend nach seiner Beerdigung erfuhr. Damals gab es auf der entlegenen Station weder Telefon noch Strom. Dennoch war ich nicht allein. Gott ist immer da und das Gebet und Mitgefühl so vieler um mich herum gaben Kraft. Mir wurde bewusst, wie doch die Menschen hier Leid und Tod, Unglück und Katastrophen als Teil des Lebens betrachten – vielleicht weil sie solches dauernd erleben und an eine höhere Macht glauben. Ihre Verbindung mit Gott wird durch Schicksalsschläge nicht total erschüttert, sondern eher gefestigt. Diese Einsicht bewog mich, meine Beziehung zu Christus zu vertiefen. Ich wollte darauf gefasst sein, dass der Herr mich weiter fordert, weil er mir etwas zutraut und meine Berufung ernst nimmt.Diese Überzeugung empfand ich befreiend. Sie machte mich gelassener in Situationen, die so ganz anders waren, als ich es gewohnt war. Weil wir aus Wassermangel die Schule schließen mussten, fingen wir an einen Brunnen zu graben. Wir bildeten eine Kette und reichten die Erde in Kübeln von Hand zu Hand weiter. Das Grundwasser war schon erreicht, als unerwarteter Regen einsetzte und alles langsam, aber sicher einrutschte. Dann kam die Dorfbevölkerung und half so kräftig und frisch-fröhlich mit, dass die Erde schon nach wenigen Tagen wieder ausgehoben war. Das Erlebnis dieser Hilfsaktion war das „Abenteuer“ wert.
Flexibel sein für Menschen
Vielleicht mag es früher in ländlichen Verhältnissen einfacher gewesen sein als heute inmitten einer Vielfalt von Sekten und sozialen Schichten am Rande der Großstadt von Nairobi. Es ist notwendig, offen und flexibel zu sein, um auf Menschen verschiedenster Weltanschauungen zu hören und von ihnen zu lernen. Entscheidend ist, dass man sich weder von Horror und Gewalt in den Elendsvierteln noch vom Materialismus im Großstadtrummel verunsichern, wohl aber fordern lässt. In einem Wirrwarr von Korruption, Ausbeutung, Betrug und Machtstreben habe ich erfahren, dass Menschen ein Wort der Wahrheit und unbestechliche Treue von mir erwarten. Werte, die nur Achtung finden, wenn sie wirklich gelebt werden. Meine Jahre in der „Precious Blood Secondary School Riruta“ in einem Vorort von Nairobi haben mich enorm gefordert, aber auch bereichert. Wenn sich junge Mädchen zu verantwortungsbewussten Menschen entwickeln. Wie sie ihr Studium und ihren Glauben ernst nehmen und erfolgreich und dankbar ihr hohes Ziel erreichen. Ich habe erlebt, wie Lehrer/-innen ihre Tätigkeit nicht mehr nur als Beruf sondern als Berufung ausüben und dadurch nicht nur die höchsten Erfolge erzielen, sondern den wahren Sinn ihres Lebens entdecken und schätzen lernen.
Dankbar sein für den Weg
Viele Menschen hat der Herr mir auf meinen Weg geschickt. Ich durfte sie auf geraden und krummen Wegen begleiten: im Wort, im Zuhören, im Schweigen, Bangen und Beten. Manchmal drohen allerdings die Forderungen und Geduldsansprüche meine Fähigkeiten zu übersteigen. Im täglichen Gegenüber mit den Nöten, Konflikten und Sorgen so vieler an den Rand Gedrängten kann ich kaum etwas anderes tun, als einfach da zu sein, um einen Funken Hoffnung und Halt zu geben. Ich danke Christus für seine Führung auf dem Weg meiner Berufung. Es ist unbedingt wert, sie in Wahrheit zu leben.