Sr. Gisela Radinger wurde am 1. Mai zur neuen Priorin der Benediktinerinnen von Steinerkirchen gewählt. Für die KIRCHE beschreibt sie, aus welchen Lebensquellen sie als Ordensfrau lebt.
Zunächst versuche ich, gut zu leben. Diesbezüglich sind mir die Prioritäten, wie sie P. Franz Jalics SJ in seinem Buch „Kontemplative Exerzitien“ vergibt, richtungweisend: Ausreichend zu schlafen und dem Körper die Bewegung geben, die er braucht stehen dabei ganz oben. Das Gebet, das Gemeinschaftsleben und die Arbeit sind die weiteren Lebenssäulen. In Brasilien habe ich erkannt, dass ich besser lebe, wenn ich mich bemühe, den Stress nach Möglichkeit zu vermeiden und wenn ich dafür einfacher lebe. Außerdem kann ich dadurch zur „Bewahrung der Schöpfung“ beitragen. Ich sehe das Ordensleben als Alternative zu unserer Leistungs- und Konsumgesellschaft und zum Individualismus und Singledasein unserer Zeit. Im Zusammenleben können natürlich schon einmal Phasen kommen, wo es zur Belastung wird. Ich hatte aber selbst in solchen Situationen immer auch Mitschwestern, die mir eine Stütze waren. Das Wissen um die Mitarbeit und das Gebet der Schwestern gibt mir jetzt Mut für meine kommende neue Aufgabe. Meine spirituellen Lebensquellen sind die Feier der Eucharistie, eine Stunde Meditation am Tag, das gemeinsame Gebet, die Bibel und die Regel des hl. Benedikt, die aus der Heiligen Schrift konkrete Weisungen für das Ordensleben ableitet.
Maßvolles Fasten ist eine Kraftquelle
Neben der persönlichen Gottesbeziehung ist ein maßvolles Fasten eine Kraftquelle. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es mir hilft, schwierige Aufgaben zu bewältigen. Ich bin dann geistig aktiver, und es ist ein Zeichen der Solidarität mit den Armen in der Dritten Welt. Darüber hinaus fördert es die Gesundheit und das körperliche Wohlbefinden. Angesichts der Situation in Kirche und Welt gibt mir meine persönliche Lebenserfahrung, dass Gott alles zum Guten wendet, also die österliche Erfahrung im eigenen Leben, Mut und Hoffnung. Aus dieser Erfahrung heraus hat das Evangelium von der Fußwaschung für mich eine besondere Bedeutung gewonnen. Die Fußwaschung ist ein Symbol für das erlösende Leiden Jesu. Hoffnung sind für mich aber auch die Menschen, die sich in der Kirche engagieren und bei denen Gott mehr oder weniger das Zentrum des Lebens ist. Ich denke dabei auch besonders an unsere Pfarrbewohner. Schließlich sind sie es alle, die sich für christliche Werte einsetzen, für Gerechtigkeit und Frieden, für den Schutz des Lebens und die Würde des Menschen. Ich sehe keinen Grund zur Resignation, obwohl sich sehr wenige junge Menschen für den geistlichen Beruf entscheiden, viele aus der Kirche austreten und es negative Entwicklungen in unserer Gesellschaft und in der Welt gibt.
Zur Person
Sr. Gisela Radinger wurde 1937 Rohrbach geboren und trat 1965 bei den Benediktinerinnen von Steinerkirchen ein. Am Seminar für kirchliche Berufe bereitete sie sich auf die Pfarrarbeit und auf den Religionsunterricht vor. Von 1980 bis 1995 wirkte sie in Barreiras in Brasilien. Seit 1995 ist sie in der Linzer Pfarre St.Leopold tätig. Um den Menschen den Kontakt mit ihr zu erleichtern, trägt Sr. Gisela im Alltag zivile Kleidung. Ihrer Einstellung nach erledigt sie ihre Wege in der Stadt mit dem Fahrrad. Am 11. Juli wird Sr. Gisela das Amt der Priorin als Nachfolgerin von Sr. Sabina Moser übernehmen.
Jesus wäscht den Jüngern die Füße
Wort an mich
Jesus, der wusste, dass ihm der Vater alles in die Hand gegeben hatte und dass er von Gott gekommen war und zu Gott zurückkehrte, stand vom Mahl auf, legte sein Gewand ab und umgürtete sich mit einem Leinentuch. Dann goss er Wasser in eine Schüssel und begann, den Jüngern die Füße zu waschen und mit dem Leinentuch ab-zutrocknen, mit dem er umgürtet war.