Ein atmosphärisch einzigartiges Filmfestival hat Grund zum Feiern. Die Freistädter Filmschau „Der Neue Heimatfilm“ lädt von 23. bis 27. August zu seiner 30. Ausgabe ein.
Ausgabe: 2017/33
14.08.2017
- Markus Vorauer
Wer hätte 1988 gedacht, dass sich aus einer Idee von Festivaldirektor Wolfgang Steininger zu einer Filmschau, die sich in Anlehnung an die literarische Gattung des Anti-Heimatromans einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Heimatbegriff widmet, ein einzigartiges Festival entwickeln würde. Dieses Jahr lädt nunmehr das Festival „Der Neue Heimatfilm“ zum 30. Mal nach Freistadt ein, um dem Publikum Filme aus allen Erdteilen zu präsentieren, die nur selten einen Verleih finden.
Heimat im heute
Mehr als 40 internationale Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme – darunter viele Österreich-Premieren – beleuchten das auch politisch umkämpfte Thema aus unterschiedlichen Perspektiven. Die Programmgestalter wollen mit ihrer Filmauswahl den Heimatbegriff weder als Vergangenheit verklärend verstehen, als Gegenbegriff gegen die Globalisierung, und ihn damit jenen überlassen, die, wie Thea Dorn in der NZZ vom 8. Juli dieses Jahres anmerkte, „damit ihr engstirniges Schindluder betreiben“, noch ihn verunglimpfen, denn „Man muss Heimat haben, um sie nicht nötig zu haben“, wie es Jean Améry einmal formulierte. In diesem Sinne gibt es Filme aus Russland, Nepal, Frankreich, Ungarn, Slowenien, Tschechien, Deutschland und der Schweiz zu entdecken, die vor allem eines zeigen, dass angesichts der „gesellschaftlichen Entgrenzungsprozesse die Erfahrungen der Heimatlosigkeit allgemein geworden sind, auch für Menschen, die nicht migriert sind“, so Walter Leimgruber in einem Essay über Heimat als Grenzerfahrung in der NZZ vom 11. April 2017.
Fokus Südtirol
Im Spielfilm-Wettbewerb muss ein Werk wie „Monte“ von Amir Naderi, einem bei uns noch immer unbekannten Meister des iranischen Films hervorgehoben werden, in dem ein Mann gegen die in einem verlassenen Bergtal herrschenden unwirtlichen Verhältnisse antritt. Die besondere Schwerpunktsetzung des Festivals auf das Filmschaffen in Italien, die seit 1994 besteht, findet auch heuer wieder eine Fortsetzung. Ein Fokus ist dabei auf Südtirol gerichtet. Neben der italienisch-österreichischen Koproduktion „Der Einsiedler“ mit Andreas Lust, der von einem jungen Bergbauernsohn erzählt, der zwischen dem Leben in den Alpen und im Tal wählen muss, sind Spiel- und Dokumentarfilme aus und über die Region zu sehen. Bemerkenswert auch „Tu nichts Böses“ von Claudio Caligari, einem Außenseiter des italienischen Films, der unmittelbar nach den Dreharbeiten verstorben ist, und „An einem besonders schönen Ort“ von Giorgia Cecere, eine Liebesgeschichte zwischen einer Norditalienerin und einem Immigranten.
Heimkehr
Das Zurückkehren in die ehemalige Heimat wird heuer in vielen Filmen thematisiert. So müssen in „Haus ohne Dach“ von Soleen Yusef drei in Deutschland aufgewachsene Geschwister ihre verstorbene Mutter in einem kurdischen Dorf beerdigen. Die Reise konfrontiert sie mit den Konflikten in ihrem Heimatland. Eröffnet wird das Festival mit „Die beste aller Welten“, dem mehrfach prämierten Spielfilmdebüt des Salzburgers Adrian Goiginger, der die Geschichte seiner drogenabhängigen Mutter, der abenteuerlichen Welt ihres Kindes und ihrer Liebe zueinander erzählt. Ergänzt wird das filmische Programm durch abendliche Konzerte bei freiem Eintritt im Salzhof, wobei die Musikveranstaltungen immer auch einen Bezug zu einem Film im Programm haben. So treten zum Beispiel Musiker und Protagonisten aus dem Film „Unerhört jenisch“ auf.
Programm: filmfestivalfreistadt.at