Die faszinierende Gestalt der Ordensgründerin gibt den Armen Schulschwestern bis heute Kraft.
Sechs Tage in der Woche unterrichtete Karolina Gerhardinger als Hilfslehrerin in Stadtamhof zu Regensburg zwanzig Schülerinnen. Dabei war sie selbst erst zwölf. Der Bischof von Regensburg, Michael Wittmann, hatte das pädagogische Talent des Mädchens erkannt. Er sammelte Leute, um dem „Bildungsnotstand“, vor allem unter den Armen des beginnenden 19. Jahrhunderts, etwas entgegenzusetzen. Bei Karolina hatte er sich nicht getäuscht. Bereits mit 15 wurde sie in Regensburg als „königliche Lehrerin“ angestellt. Im Jahr 1833 gründete sie die Schwesterngemeinschaft der „Armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau“ in Neunburg am Walde in Bayern. Mit Ausbildung wollten die Schwestern den Kindern der Armen die Zukunft eröffnen. Eine Reihe von Schulgründungen folgte. 1853 auch in Österreich – in Freistadt. 1879 starb sie. 1985 wurde sie als „selige Theresia von Jesus“ selig gesprochen.Wie konnte diese Frau es schaffen, dass sie all das in ihrem Leben vollbrachte? Dabei hielt sie jede Nacht noch eine Gebetsstunde, statt sich einfach auszuruhen. Das fragt sich Sr. M. Notburga Atzmüller. Sie ist heute Oberin in Freistadt. Die Schulschwestern führen hier die Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe. Nicht zu nahe zu Hause sollte das Kloster liegen. Eine erste Ordensschwester, die von ihrem Interesse am Ordensleben hörte, war zu aufdringlich. „Wie eine Vertreterin kam sie mir vor; diese Schwester hat mich abgestoßen“, erzählt Sr. Notburga. So fand sie schließlich zu den Schulschwestern in Freistadt. Die Hauptschule musste sie erst nachholen. 24 Jahre war sie dann bei den Schwestern in Wien, zunächst als Handarbeitslehrerin, dann als Oberin. Seit 19 Jahren lebt Sr. Notburga jetzt in Freistadt. Die markante Gestalt der „Powerfrau“ aus Regensburg fasziniert Sr. Notburga bis heute. „Deren Geburtsort zu besuchen gibt mir mehr Kraft, als ich sie in Rom bekommen könnte“, meint sie. Fünf Schwestern leben heute in der Niederlassung in Freistadt. Die 91-jährige Sr. Huberta hat über 60 Jahre des Ordenshauses in Freistadt miterlebt, auch die bitteren Jahre im Nationalsozialismus. „Ich freue mich auf die Begegnung mit unserer Ordensgründerin, Mutter Theresia“, glüht auch in ihrem Herzen der Funke, der von der seligen Theresia entzündet worden ist. Wie die meisten Orden machen sich auch die Schwestern von Freistadt Sorgen, was die Zukunft betrifft. Trotzdem! Sr. Notburga denkt sofort an den Psalm 23: „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen.“ Bei der Laudes am Morgen und bei der Vesper am Abend beten die Schwestern gemeinsam. Das ist wichtig – damit man aus der gottgeschenkten Zuversicht nicht herausfällt. „Vielleicht“, hofft Sr. Notburga, „kommt bei unserem Fest jemand auf den Gedanken, Schwester zu werden.“ Man kann es nicht wissen. Auch sie selbst hat fast aus Zufall zum Orden gefunden. Von der Ordensgründerin, der seligen Theresia, wird berichtet, wie sie mit ihrem Vater, der Schiffer war, durch die gefährlichen Strömungen im Strudengau als Kind unterwegs war. Sie hatte keine Angst. Ihr Vater stand doch neben ihr. „Auch Gott als Vater steht in unseren Sorgen neben uns“, ist sich Sr. Notburga sicher.