Aufregung um einen Brief des Innenministeriums an Sozialorganisationen. Darin wird angekündigt, dass das Spendenaufkommen für die Flüchtlingshilfe von den Fördermitteln abzuziehen ist, die das Ministerium gibt. Die Regierung soll nicht in die Taschen der Spender greifen, empört dies Wiens Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner.
Wenn jetzt die Caritas-Haussammlerinnen und -Haussammler um Spenden bitten, fragen sich Spendenwillige, ob ihre Spende nicht indirekt der Staat einsteckt, wenn er seine Leistungen im Ausmaß der Spenden kürzt.
Unaufgeregt
Caritasdirektor Franz Kehrer reagiert unaufgeregt. Zum einen ist der Brief ausschließlich auf die Flüchtlingshilfe bezogen und betrifft die Caritas Oberösterreich auch nur in ihrer Arbeit für durchreisende Flüchtlinge – die Betreuung an den Grenzen, am Bahnhof – „Drehscheibe“ – und in kurzfristigen Notquartieren. Und auch da ist die Betroffenheit gering, weil die Spenden vor allem Sachspenden sind oder Geld, das für Lebensmittel ausgegeben wurde. „Dem Innenministerium stellen wir nur in Rechnung, was wir nicht aus Spendengeldern finanziert haben“, sagt Kehrer.
Falsche Politik
Wichtig ist der Caritas auch, darauf hinzuweisen, dass der Einsatz für die Flüchtlinge nicht das Dauer-Engagement in der Nothilfe schmälert. So werden die Spenden aus der Haussammlung ausschließlich für Oberösterreicher/innen in Not verwendet. Und die Spenden aus der Augustsammlung kommen der Auslandshilfe zu Gute. Die Hilfen im Inland und im Ausland werden nicht durch die Flüchtlingshilfe vermindert. Diese wird aus separaten Spenden finanziert. Dazu würden intensiv auch die Leistungen der öffentlichen Hand gehören. Caritas-Bischof Ägidius Zsifkovics (Eisenstadt) formulierte daher unmissverständlich: „Wenn der Bund die grund- und menschenrechtlich verbriefte Einhaltung von Asylstandards wie der Betreuung, Versorgung und Unterbringung von Schutzsuchenden delegiert und nur mit Hilfe von NGOs umsetzen kann und dann genau jene benachteiligen möchte, die ihre Hände zur Hilfe ausstrecken, so ist das eine schäbige und falsche Politik.“
Die Not wenden
Zum 70. Mal sind heuer die Caritas-Haussammlerinnen und -Haussammler unterwegs. Was sie sammeln, kommt bedürftigen Oberösterreicher/innen zugute.
Eine dieser bedürftigen Menschen, die sich an die Beratungsstellen der Caritas wandte, ist Sieglinde M. aus Linz. „Ich habe schlaflose Nächte, weil ich nicht mehr weiß, wie ich meine Rechnungen bezahlen soll“, sagt sie. Als Alleinerziehende mit zwei Kindern ist sie der Caritas dankbar: „Ihr wart die Einzigen, die mir geholfen haben.“
Beratung und Unterstützung. In Oberösterreich gibt es zwölf Caritas-Sozialberatungsstellen, die voriges Jahr an fast 11.500 Menschen beraten und finanziell unterstützt haben.
Armut. In Österreich sind 450.000 Menschen akut von Armut betroffen. Jeder siebte Oberösterreicher und jede siebte Oberösterreicherin ist armutsgefährdet. Alleinerziehende und kinderreiche Familien sind davon besonders betroffen. Caritas-Direktor Franz Kehrer sagt: „Unser Sozialsystem trägt mit der Mindestsicherung und verschiedenen Leistungen für Familien zwar wesentlich dazu bei, dass nicht mehr Menschen von Armut betroffen sind. Dennoch gelingt es damit noch nicht, alle Notlagen abzufedern: geringes Einkommen, Arbeitslosigkeit, hohe Wohn-Ausgaben.“
Beispiele. Knapp 1,8 Millionen Euro wurden im vorigen Jahr bei der Haussammlung in unserer Diözese gespendet. Damit konnte unter anderem obdachlosen Menschen geholfen werden, die im „Help Mobil“ medizinische Betreuung auf der Straße erhalten. Schwangere und Mütter mit Kindern können in Krisensituationen im Haus für Mutter und Kind wohnen. In Lerncafés erhalten Kinder aus sozial schwachen Familien eine kostenlose Nachmittagsbetreuung angeboten.