Arbeit erleichtert und beschleunigt die Integration
Das Warten auf den Asylbescheid kann lange dauern und zermürbend sein. In dieser Zeit einer Arbeit nachzugehen, ist kaum erlaubt. Johannes Brandl, Geschäftsführer der SPES-Akademie in Schlierbach, stellt gegen diese Warte-Starre ein Projekt zur Integration durch Arbeit vor.
Johannes Brandl und SPES haben sich schon durch viele Innovationen einen Namen gemacht. Das „Weihnachtshotel“ etwa ermöglicht bedürftigen Menschen und Flüchtlingen eine geschenkte Auszeit zur Weihnachtszeit. „Zeitbank 55+“ heißt ein Projekt, das Fähigkeiten und Fertigkeiten über ein Tauschsystem zur Nachbarschaftshilfe nutzt. Mit „Flinc“ bietet SPES eine Mitfahrbörse an.
„Conclusio“
Eine Beobachtung aus dem Weihnachtshotel und die Erfahrungen mit der „Zeitbank 55+“ verbindet das jüngste Projekt „Conclusio“, für das ein Verein gegründet wurde. Asylwerbenden wird ermöglicht, sich arbeitend in die Gemeinschaft einzubringen und dabei die gesetzlichen Regeln zu beachten, die bezahltes Arbeiten nur in wenigen Ausnahmefällen erlauben. Brandl beobachtete bei den verschiedenen Turnussen des „Weihnachtshotels“ zwei unterschiedliche Gruppen von Asylwerbenden: die einen, die sich kaum für eine Aktivierung begeistern ließen, und andere, die mit vollem Schwung die Angebote nutzten. Die Gruppen unterschieden sich durch die Zeit, die sie schon mit Warten auf den Asylbescheid verbrachten. – Je länger Menschen von der Arbeit ausgeschlossen waren, desto inaktiver wurden sie.
Arbeit gibt Sinn
„Ich merke bei den Menschen, wie Arbeit sie verändern kann, wie sehr ihnen die Arbeit Halt gibt. Schon in der Implacement-Stiftung, in deren Rahmen SPES 60 Personen ausgebildet hat, hat Brandl dies erfahren: Beim Eintritt in die Stiftung waren viele durch die vorangegangene lange Arbeitslosigkeit schwer belastet. Durch die Arbeit blühten sie dann auf. Asylwerbende sollen diesen Halt erfahren und dadurch auch emotional fit für die spätere Arbeitswelt bleiben. Weil ihnen die Gesetze aber den Zugang zum Arbeitsmarkt ziemlich verbauen, entwickelte Brandl die Idee, Asylwerbende auf Zeitgutschein-Basis ehrenamtlich bei verschiedensten Tätigkeiten im Gemeinwohl-Sinn einzubinden. Wenn sie einen positiven Bescheid bekommen, können sie – wie bei der „Zeitbank 55+“ – die gearbeiteten Stunden gegen andere Leistungen eintauschen. „Conclusio“ ist ein Patenschaftsmodell: Jeder anerkannte Flüchtling wird von einem Paten oder einer Patin bei der Arbeits- und Wohnungssuche sowie bei Behördengängen begleitet.
Sammeln und später einlösen
Wer einen positiven Asylbescheid hat, kann nur noch vier Monate in der Bundesbetreuung bleiben. Dann muss er auf eigenen Beinen stehen, muss sich eine Wohnung suchen und eine Arbeit finden. Viele Behördengänge sind dafür notwendig, und der Staat hat einige bürokratische Wege vorgegeben. Die mühsamen Wege sind leichter einzuüben und kennenzulernen, wird man dabei von österreichkundigen Pat/innen begleitet. Die anerkannten Flüchtlinge können diese Unterstützung vom angesammelten Stunden-Konto abbuchen.
In drei Gemeinden getestet
Ab Sommer 2015 hat Johannes Brandl in drei Gemeinden das Projekt getestet – in Micheldorf (Schön), Spital am Pyhrn und Wartberg. – Binnen drei Monaten wurden bereits 500 Arbeitsstunden geleistet: Hecken wurden geschnitten, Käferholz wurde entfernt, in Gärten gearbeitet, ein ALS-Patient betreut und ein Spielplatz frühlingsfit gemacht. – Arbeit gibt Sinn und im Arbeiten entstehen Beziehungen. Kommunikation und das Lernen der Sprache wird arbeitend zur Selbstverständlichkeit. Arbeit ist also ein Integrations-Vehikel.