Die Früchte der Arbeit von Sr. Malgorzata sind oft schwer zu sehen
Ausgabe: 2004/18
27.04.2004 - Teresa Sotowska
Das Frauenmagazin „Twoj Styl“ (Dein Stil) kürte Malgorzata Chmielewska bereits zur Frau des Jahres. Unverwechselbar ist ihr Stil: die Ordensfrau engagiert sich für Menschen am Rande der polnischen Gesellschaft.
Ihr Tag beginnt in den frühen Morgenstunden und endet gegen drei Uhr morgens. Und ihre Niederlassungen sind rundherum bekannt: EMAUS – das Haus für obdachlose Frauen, BETLEJEM – für kranke Obdachlose oder NAZARET – für obdachlose Mütter mit Kindern. Inzwischen werden sieben Heime von Schwestern der Gemeinschaft „Brot des Lebens“ in Polen geführt. Darüber hinaus ist Sr. Malgorzata Vorsitzende des Fürsorgerates für Obdachlose in Warschau. Zu ihren Initiativen zählt die Wäscherei für Obdachlose ebenso wie jene Lebensmittelbank, die kostenlos Nahrungsmittel an Organisationen verteilt, die Suppenküchen für Obdachlose führen.
Farbe in die Welt bringen
„Nur in der Nacht finde ich etwas Ruhe, um zu arbeiten“, sagt die Ordensfrau. „Ich bin beharrlich und meist ungestüm, ich liebe Freiheit und Schönheit. Es regt mich auf, dass die Welt nicht so schön ist wie es sein könnte“, sagt sie über sich selbst. Deshalb versucht sie ein bisschen Farbe in die Welt zu bringen. Seit Jahren ist sie „Ersatzmutter“ für zwei Waisenkinder. Auf die Frage, wie sie auf diese Idee gekommen sei, sagt sie fast schroff: „Es war keine Idee! Eines Tages habe ich Kinder getroffen, die keine Mutter hatten. Ich hätte ihnen den Rücken zeigen und vorbeigehen können. Aber das hätte ich mir nie verzeihen können. Wir haben also gemeinsam beschlossen, dass wir zusammen wohnen werden.“ Sr. Malgorzata staunt, dass dies für manche ein Ärgernis darstellt. „Welches Ärgernis wäre es, müssten die Kinder ohne Obhut auf der Straße leben?“ Wie eine Mutter liebe sie jene, die mit ihr zusammenleben und auch all die anderen. „Jesus zeigt deutlich auf die Kinder als unsere Lehrer.“
Im Haus der Gemeinschaft „Brot des Lebens“ in der Nähe von Kielce, auf halbem Weg zwischen Krakau und Warschau, sorgt sie sich nicht nur um arme Kinder, sondern auch um deren Eltern, die meist ohne Arbeit sind. Auf die Frage, wie es sei, Ordensfrau und gleichzeitig „Mutter“ zu sein, sagt sie: „Sehr schwer!“
Im Gesicht eines Armen
Trotz ihres Sozialengagements, und obwohl sie so wenig Zeit für sich selber hat, vergisst Malgorzata Chmielewska nicht, dass sie ein Gott geweihtes Leben führt. „Nichts ist so sicher wie die Wahl Christi als ,Herr und Meister‘.“ Denn „das Evangelium ohne Begegnung mit Christus im Gesicht eines Armen ist kein Evangelium der Wahrheit“. Sie ist überzeugt, „dass uns eine geschwisterliche Gütergemeinschaft fehlt“, wie sie der Papst immer wieder fordert. Es fehle das Bewusstsein, „dass es keinen anderen Weg zu Christus gibt als die Begegnung mit der Schwester und dem Bruder vom Rand“. Den anderen Menschen lieben wie ihn Christus liebt, das heißt für sie „so viel Gutes für ihn zu wollen, wie es Christus will und nicht ich“.
Die Gemeinschaft „Brot des Lebens“ und ihr Mitglied Malgorzata Chmielewska können auf beachtliche Früchte ihrer Arbeit verweisen: Im Jahr 2003 wurden 1100 Personen in ihre Heime aufgenommen und 200 Kinder mit Stipendien unterstützt. Mehrere Arbeitslose haben wieder einen Arbeitsplatz gefunden. Gleichzeitig sind es Früchte, die schwer zu sehen sind: „Eine wiedergewonnene Hoffnung, eine bessere Kindheit“, bemerkt die Schwester. „Das sind Früchte unserer Arbeit, vor allem aber der Gnade und Arbeit unserer Bewohner“, so die Ordensfrau. Was macht Sr. Malgorzata, wenn die Kräfte versagen und es scheint, dass alles auf dem Kopf stehe? Strahlend meint sie: „Dann sage ich zum lieben Gott dass er übertreibt und mir mit Hilfe entgegenkommen möge. Und meistens wirkt es!“
Zur Person
Malgorzata Chmielewska wurde 1951 in Posen geboren. In Warschau studierte sie Biologie und war in den 80er Jahren als Lehrerin für blinde Kinder tätig. Damals organisierte sie Hilfe für Frauen, die aus Strafanstalten entlassen waren. 1990 schloss sie sich der Gemeinschaft „Brot des Lebens“ an, in der sie 1998 die ewigen Gelübde ablegte. Sie ist Mitbegründerin und seit zehn Jahren Vorsitzende des Fürsorgerates für Obdachlose in Warschau. Wegen ihres Engagement für Arme wurde Schwester Malgorzata mehrfach ausgezeichnet, zuletzt im Oktober 2003 mit dem „Totus-Preis“.