„Es wird nicht möglich sein, alle Leistungen über den Markt zu regulieren“, sagt Dr. Beate Littig. Die Soziologin vom Institut für Höhere Studien, Wien, referiert am 11. Mai in Linz über die „Arbeit im Wandel“. Es brauche ein Mischsystem aus bezahlter Arbeit und unbezahlten Tätigkeiten, beide geschlechtergerecht verteilt.
Ausgabe: 2016/17, Arbeitslos, Littig, Arbeit im Wandel,
26.04.2016 - Ernst Gansinger
Beate Littig wird sich im Treffpunkt mensch & arbeit „Standort voestalpine“ der Frage stellen: Wann ist Arbeit eine gute Arbeit? – Eine wichtige Bedingung sei, dass die Menschen in alle gesellschaftlich notwendigen Tätigkeiten gleich eingebunden sind.
Veränderung
Wird das nachhaltige Arbeiten – ein dringendes Ziel – eher über „green jobs“ möglich sein oder über Umverteilung der Arbeit bei gleichzeitiger Aufwertung der nicht bezahlten Arbeit? Littig ist skeptisch, dass „green jobs“, also umweltfreundliche Arbeit, das Problem generell lösen könnten. Sie spricht sich für eine Veränderung des Systems aus, das die Arbeit regelt. „Wir haben kein Wirtschaftswachstum im Sinne von Vollerwerb. Die ökologischen Probleme nehmen nicht ab. So ist es nicht gelungen, den Ressourcenverbrauch von der Produktivität zu entkoppeln. Eine zentrale Maßnahme – sozial-ökologische Steuern – ist bei der letzten Steuerreform verabsäumt worden. Arbeit muss aber steuerlich billiger werden.“
Verhalten
Das ist nur ein Ansatzpunkt, ein wichtiger. Weitere Vorschläge von Littig sind eine Arbeitszeitverkürzung. Sie weist auf europäische Umfrageergebnisse hin, wonach sich Männer und Frauen etwa gleich stark für eine Vollerwerbs-Arbeitszeit von etwa 30 Stunden aussprechen. Das hieße, dass Männer deutlich kürzer und Frauen deutlich länger als jetzt erwerbsarbeiten müssten. Dann würde auch bei den Männern Zeit frei, sich an der Hausarbeit und an der Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Menschen in der Familie zu beteiligen. Diese Arbeitsteilung im unbezahlten Bereich folge aber keinem Automatismus, ist für die Soziologin klar: „Da haben wir es mit ziemlich hartnäckigem Verhalten der Geschlechter zu tun.“ Allerdings gibt es Hoffnung. Männer beteiligen sich, wenn sie in Pension sind, mehr an der häuslichen Arbeit. Klar ist für Littig: Männer haben den zentralen Aufholbedarf! Frauen haben im Erwerbsarbeits-Bereich schon viel aufgeholt; Männer im Bereich außerhalb der Erwerbsarbeit noch bei Weitem nicht so viel. Frauen leben schon stärker das Mischarbeitsverhältnis. Ein Arbeitsverständnis sei notwendig, das das Leben in Richtung Tätigkeit in der Gesellschaft denke.
Geschmack
Männer müssen auf den Geschmack solcher Veränderungen gebracht werden – etwa durch Sabbatical, Väterkarenz. „Man muss Möglichkeiten schaffen“, so Littig, „damit die Männer andere Erfahrungen machen. Hier sind die Wirtschaftsunternehmen in die Pflicht zu nehmen, denn schließlich profitieren sie auch, wenn sich die Menschen in den Betrieben Mischqualifikationen aneignen.“
Arbeitszeit
Arbeitszeitverkürzung auf etwa 30 Wochenstunden. Das ist ein Ansatz. Aber könnte sie nicht auch über eine andere Verteilung der Lebensarbeitszeit umgesetzt werden? Littig sagt, da ist zunächst die Gesellschaft am Zug, um zu sagen: Was geht, was geht nicht, was wollen wir. Dann sollen die Ökonomen rechnen. Wenn Kinder da sind, weniger zu arbeiten und dann wieder mehr, das hat schon eine Logik. Erst in höherem Alter in Pension gehen? Die Diskussion hat auch mit der Verteilungsfrage zu tun: Was kosten Pensionen, was kostet Arbeitslosigkeit?
„Arbeit im Wandel. Gute Arbeit für ein gutes Leben“. Zur Veranstaltung aus Anlass „125 Jahre Katholische Soziallehre“ laden u.a. das Sozialreferat und die Katholische ArbeitnehmerInnen Bewegung der Diözese Linz ein. Am Mittwoch, 11. Mai, 17.30 bis 22 Uhr, Treffpunkt mensch & arbeit Standort voestalpine, Wahringerstraße 30, 4030 Linz. 18 Uhr: Referat von Beate Littig, anschließend Diskussion an Thementischen; 21.30 Uhr: Ausklang mit Bischof Manfred Scheuer.