Obdachlose brauchen nicht nur einen Platz zum Schlafen und zu essen. Sie brauchen auch ein Obdach für die Seele. Helmut Eder wird sich als Obdachlosen-Seelsorger darum kümmern.
Ausgabe: 2016/18, Eder, Obdachlos, Seelsorger
03.05.2016 - Matthäus Fellinger
An die Ränder soll man gehen, sagt Papst Franziskus. Er meint die Kirche – und dass sie vor allem bei denen sein soll, die es im Leben am schwersten haben. „Ich kann das und möchte es versuchen.“ So dachte Helmut Eder. Ab 1. September 2016 wird der verheiratete Theologe und Vater dreier Kinder Obdachlosen-Seelsorger in Linz sein. Der bisherige Dekanatsassistent für Linz und Traun sieht seine Berufung genau in dieser Schnittstelle zwischen Theologie und Praxis. Für die Dekanate Linz-Mitte und Linz-Süd wird er weiterhin auch als Dekanatsassistent wirken, sein zweiter Wirkungsort werden die Parks von Linz, die Landstraße, die Sozialeinrichtungen sein. Jene Orte, an denen die Obdachlosen des Landes anzutreffen sind. Neun Jahre lang war Helmut Eder Pastoralassistent im Süden von Linz gewesen, ehe er als Assistent für Pastoraltheologie an die Theologische Privatuniversität kam. Zur Hälfte war er an der Uni beschäftigt, zur Hälfte in der Linzer Pfarre St. Franziskus. Theologie und Praxis zu verknüpfen – das war ihm Anliegen. „Ein Uni-Typ bin ich nicht“, erkannte er, so ging er 2011 ganz in die Dekanatsarbeit. Das Schlüsselerlebnis. Als Helmut Eder während des Theologiestudiums ein Freisemester bei den den Schwestern der Mutter Teresa in Berlin-Kreuzberg verbrachte, kam er erstmals und eng mit Obdachlosen in Berührung. Die Schwestern führen dort eine Suppenküche für Obdachlose. Eine der Schwestern forderte ihn gleich am ersten Tag auf, vor dem Essen den Obdachlosen eine geistige Einstimmung zu geben. „Sowas hab ich noch nie gemacht“, meint der junge Student verdutzt. Aber er tat es. Und er entdeckte, welche Aufmerksamkeit für geistliche Impulse bei den Obdachlosen zu spüren war. Er entdeckte es auch später, bei seinem Einsatz in der Gefangenenpastoral. Berührungsangst vor Obdachlosen hat Eder keine, auch wenn er selbst schon einmal attakiert wurde. Aber da war Alkohol im Spiel, dem betreffenden Mann war das dann sehr peinlich und sie haben sich ausgesöhnt. Bei Alkohol muss man vorsichtig sein, weiß Eder.
Obdach für die Seele
Zunächst möchte Helmut Eder die obdachlosen Frauen und Männer kennenlernen. Auch für die Bettler will er ein Ohr haben. Man weiß ja nicht, wer ohne Obdach ist. Für diese Menschen soll er in erster Linie Seelsorger sein. Was an seelsorglichen Formen möglich sein wird, will Eder zunächst herausfinden. Wenn jemand stirbt, soll er in Würde begraben werden. Was wollen die Menschen eigentlich? Den Menschen, die am Rande stehen, will er helfen, dass sie an die richtige Adresse kommen: bei Sozialarbeitern, bei der Caritas und anderen Einrichtungen. Er selbst will dafür sorgen, dass es für diese Menschen nicht nur einen Platz zum Schlafen gibt, sondern dass sie ein Obdach für die Seele finden.
Jesus auf der Straße
Man muss ernst nehmen, was in der Bibel in der Gerichtsrede Jesu steht: dass einem in den Geringsten Jesus begegnet. Damals, in Berlin, hat es Helmut Eder gespürt, und bis heute fühlt er diesen Impuls in sich. „Das liegt mir, und ich glaube, dass ich von diesen Menschen viel lernen kann.“ Und: „Ich bin empfänglich dafür, dass mir dabei auch Christus begegnen wird.“ Die Straße, ist sich Eder sicher, ist ein Ort Gottes, an dem man Christus neu entdecken kann. Vielleicht, träumt Eder, wird es bald möglich sein, dass die Obdachlosen von Linz in einer der Linzer Pfarren eine besondere Heimat haben. Einen Ort, an dem sie zusammenkommen können. Überstülpen will Eder den Obdachlosen nichts. Er will ihnen Gefährte und Begleiter sein.
Neuer Bedarf
Die neue Seelsorgerstelle wurde auf Ansuchen des Dekanates Linz Mitte geschaffen. Wo neuer Bedarf da ist, sollen auch künftig neue Seelsorgeangebote möglich sein, lautet die Linie für den Personaleinsatz der Diözese Linz. Befristet ist das Projekt auf zunächst drei Jahre.