Als geistliches Zentrum mit einer ansprechenden Liturgie will Abt Nikolaus Thiel das Stift Schlierbach verstärkt in der Öffentlichkeit positionieren. Er fordert einen realistischen Blick auf die Pfarrseelsorge, die nicht nur mit einem Pfarrermangel, sondern auch mit einem Gläubigenmangel zu kämpfen hat. „Ein Kloster ist kein Reservoir für die Pfarrseelsorge“, betont Abt Nikolaus.
Wenn Leute an das Stift Schlierbach denken, was möchten Sie, dass sie sagen?
Abt Nikolaus: Mich würde freuen, wenn die Menschen den Eindruck haben, dass dort Mönche sind, die sich bemühen, glaubhaft zu leben, dass sie trotz aller menschlichen Schwierigkeiten eine gute Gemeinschaft sind und dass alle miteinander fleißig arbeiten.
Zu den Aufgaben eines Abtes gehört die Sorge um die Stiftspfarren, zumeist machen die Pfarrbesetzungen einem Abt Kopfzerbrechen. Welche Entscheidungen stehen an?
Unsere neun inkorporierten Pfarren bilden ein zusammenhängendes Gebiet und die weitest entfernten Pfarren sind in zwanzig Autominuten vom Stift aus zu erreichen. Das sind gute Voraussetzungen. Auf Sicht hin planen wir, dass in den drei oder vier größeren Pfarren die Pfarrer vor Ort wohnen, die anderen Pfarren aber vom Stift aus betreut werden. Pfarrseelsorge gehört zu den Grundaufgaben von uns Schlierbacher Zisterziensern, aber wir müssen der Realität in die Augen schauen und nicht in Träumen von gestern Antworten für heute suchen.
Was meinen Sie damit?
Alle reden nur vom Priestermangel, niemand vom Gläubigenmangel. In manchen Kleinpfarren kommen kaum mehr Gläubige in den Gottesdienst.
Da wird es unabhängig von der Personalsituation einmal neue Lösungen brauchen, ohne dass man sagen kann, was man genau tun soll. Damit aber klar ist: die im Laufe der Jahre erfolgten Besetzungen der Stiftspfarren bleiben alle aufrecht und Veränderungen werden nur im Einvernehmen geschehen – mit denen, die es betrifft.
Fällt Ihnen der Abschied aus der Pfarre schwer? Sie waren doch vierzehn Jahre Pfarrer in Wartberg!
Ich hänge dort sehr an den Menschen und war immer gerne in Wartberg. Die anstehenden Veränderungen sind für mich eine Herausforderung, aber ebenso für die Pfarre, die von viel Gewohntem Abschied nehmen muss. Ich bin eben nur mehr bis Ende August dort. Noch kann ich nichts Definitives bezüglich der Zukunft sagen. Aber wir müssen realistisch sein. In der aktuellen Situation halte ich es für entscheidend, das Stift als geistliches Zentrum zu etablieren. Es ist wichtig, dass wir als solches wahrgenommen werden und dazu das entsprechende Personal haben. Als Kloster sind wir eine Gebets- und Lebensgemeinschaft und kein Reservoir für die Pfarrseelsorge.
Wie möchten Sie das Stift als geistliches Zentrum positionieren?
Durch eine ansprechende und würdige Liturgie in der Stiftskirche. Dazu gehören eine gute Vorbereitung, eine musikalische Gestaltung, die im Laufe eines Kirchenjahres von der Tradition bis zur Moderne reicht, eine Predigt, die in zeitgemäßer Sprache auf die Fragen der Menschen heute eingeht und der bewusste Umgang mit der Stille im Gottesdienst. Über die Liturgie hinaus möchten wir verstärkt für das geistliche Gespräch zu Verfügung stehen. Man kann die Mitbrüder direkt anreden, im Stiftspfarramt anrufen oder ein Email schicken. Wir haben auch vier Gästezimmer, damit man bei uns mitleben kann.
In den vergangenen Jahren war Schlierbach immer wieder einmal wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten im Gerede. Wie geht es jetzt?
Wir waren nie ein reiches Kloster und sind es auch heute nicht. Ja, die Wirtschaft bereitet mir schon Sorgen, aber ich bin zuversichtlich, dass der eingeschlagene Weg weitergeht. Das wäre gut, und es schaut ganz danach aus. Wir freuen uns, dass es der Käserei, die nur mehr zu einem kleinen Teil dem Stift gehört, besser geht, und große Freude macht mir die Glaswerkstätte.
Die Last der Gebäudeerhaltung ist natürlich groß. Ich denke da besonders an die Stiftskirche, die zu den schönsten Kirchen des Landes gehört und in der seit 1965 nichts mehr geschehen ist. Als eine erste Maßnahme wurde in den letzten Wochen die Beleuchtung erneuert und der Stuck von Staub gereinigt. Aber mit der Stiftskirche wartet ein großes Projekt.
Sie sind auch Kirchenmusiker und Organist?
Was ist ihre Lieblingsmusik?
Das sind die Mozartmessen. Beim jetzigen Stiftsorganisten habe ich übrigens das Orgelspielen gelernt und als Student habe ich schon beim Stiftschor mitgesungen. Darum habe ich eine lange Beziehung zur Liturgie in der Stiftskirche. Ich denke, da ist es verständlich, dass die Stiftskirche auch mein Lieblingsplatz ist.
Worauf freuen Sie sich?
Dass ich in den nächsten zwei bis drei Wochen – wenn meine Wohnung hier fertig ist – ganz in das Stift übersiedeln kann und ich hier dann meine Lebens- und Gebetsgemeinschaft habe.
Die Abtweihe findet am Pfingstsonntag, 15. Mai 2016, um 14.30 Uhr in der Stiftskirche Schlierbach statt. P. Nikolaus Thiel OCist wird vom Generalabt des Zisterzienserordens Mauro-Giuseppe Lepori benediziert. Auch P. José Hehenberger und P. Meinrad Schröger, die beiden Altäbte aus Jequitiba, einer Schlierbacher Gründung in Brasilien, werden anwesend sein.
Die Feier wird auch in den Stiftshof übertragen. Alle sind herzlich eingeladen.