Große Sportereignisse wie die Fußball-Europameisterschaft und die Olympischen Sommerspiele stehen bevor. Ist der Sport ein Anwalt der ökologischen Umkehr? Das fragt Oberösterreichs „Sportpfarrer“ Christian Zoidl.
Ausgabe: 2016/19, Sport, Sanfter Tourismus, Zoidl
10.05.2016 - Christian Zoidl
Papst Franziskus ruft in seiner Enzyklika „Laudato si“ die Welt zur Umkehr auf, um globale Umweltzerstörung und Klimawandel zu stoppen. Einige Höchstgrenzen der Ausbeutung des Planeten seien bereits überschritten. Und eine Minderheit konsumiere gegenwärtig in einem Ausmaß, das die Zukunft des gemeinsamen Hauses Erde nachhaltig gefährdet. Damit hat der Papst einen breiten Diskurs zur Rettung des Planeten und der Menschheit angeregt. Bemerkenswert ist, dass die Enzyklika deutlich auf die Verschränkung ökologischer und sozialer Missstände hinweist. Daraus folgt die Notwendigkeit, die Klage der Armen ebenso zu hören wie die Klage der Erde. Denn alles Geschaffene steht in einem sensiblen, vielfältigen Geflecht von Beziehungen und Abhängigkeiten.
„Laudato si!“ – oder: „Es lebe der Sport“?
Gilt der Lobpreis der Schöpfung auch für den modernen Sport- und Freizeitbereich? Weil er sich als menschendienlicher Teil der Schöpfung versteht? Oder gar als Anwalt einer vom Papst eingemahnten „ökologischen Umkehr“? Die Segnungen des Sports für Mensch und Gesellschaft stehen außer Zweifel; sie werden vom 2. Vatikanum und vielen Kirchenverantwortlichen ausdrücklich gewürdigt. Nicht zu übersehen sind aber auch die „Sünden“ des Sportbetriebs, die zur Erschöpfung der Erde und des Menschen (im wahrsten Sinn des Wortes!) beitragen. Viele Sportdisziplinen und -veranstaltungen erfordern eine aufwändige „sportgerechte“ Landschaftsgestaltung, die mit Argumenten der Umwegrentabilität gerechtfertigt wird. Flankierende Maßnahmen (Verkehrswege, Hotelbetriebe, Beschneiungsanlagen, Energie- und Wasserversorgung) für den massentourismustauglichen Skisport in Österreich verstärken die ökologische Belastung. Auch der Rallyesport ist ein Beispiel für die Inanspruchnahme von Naturlandschaft als „Sportgelände“. Formel-1-Rennen werden zunehmend an Länder mit niederschwelligen Umweltauflagen vergeben. Motocross-Events am Erzberg oder der „Dolomiten-Mann“ in Osttirol werden mit Slogans wie „noch steiler – noch geiler“ beworben.
Mehr sanfte Bewegung
Auf diesem Hintergrund hat es der Ruf nach umweltgerechter Sportpraxis schwer, gehört zu werden. Und doch tragen so manche Sporttrends wie Joggen und Laufen, Radfahren, Schwimmen, Ski-Langlaufen, Bergwandern oder Pilgern einer ökologischen Umkehr Rechnung. Mehr „sanfte“ Bewegung fördert nicht nur die Gesundheit, sondern schärft auch die Sinne für die Schöpfung, die uns zur getreuen Verwaltung und zur Reich-Gottes-verträglichen Nutzung anvertraut ist. Die Einsicht unserer konstitutiven Verbundenheit mit allen Geschöpfen sollte uns anhalten, auch der Natur – unserem gemeinsamen Haus – schöpfungsgerecht gegenüberzutreten. Der heilige Franziskus legt uns nahe, die Natur als ein prächtiges Buch zu erkennen, in dem Gott zu uns spricht und einen Abglanz seiner Schönheit und Güte aufscheinen lässt.
Mehr sanfter Sport
„Für sportliche Großprojekte wie Olympische Spiele und Weltmeisterschaften werden Berge abgetragen und Menschen umgesiedelt. Trotz vieler Aufrufe in Stadien und TV-Spots zu Fairness, Re- spekt und Toleranz werden Menschenwürde und Menschenrechte ignoriert – von Aktiven, Funktionären und Zuschauern … Doch manche aktuelle Sporttrends wie Laufen, Bergwandern oder Pilgern tragen auch einer ökologischen Umkehr Rechnung.“