Das Leben ist vergleichbar einer Reise über das Meer, in dem Schätze verborgen liegen. Viele segeln ahnungslos darüber hinweg. Ein Leben lang.
Kunstschätze im damaligen Wert von 9700 Taler hatte die „Frouw Maria“ an Bord, als sie vor der finnischen Westküste sank. Es war am 3. Oktober 1771. Die Schätze waren für Zarin Katharina die Große bestimmt. Im Jahr 1999 fanden Taucher das Wrack, nachdem es mit Hilfe eines Flächenecholots geortet worden war. Zu spät für die Zarin.Schätze am Meeresgrund haben etwas Faszinierendes an sich. Wertvoll waren sie für Menschen, und doch wurden sie von einem Tag auf den anderen wertlos für lange Zeit – es sei denn, es gelänge sie zu heben. Nichtsahnend gleiten die großen Schiffe über die Stellen der einstigen Tragödien hinweg. Von den Passagieren weiß kaum jemand um die Schätze, die in der Tiefe verborgen liegen. Kirche im Jahr 2004, das ist wie ein Segeln über das Meer der großen kirchlichen Tradition. Es gibt viele an Bord, die haben nur eines im Sinn: halbwegs gut den Zielhafen zu erreichen. Das genügt ihnen schon. Am Meer selbst sind sie kaum interessiert. Die Tiefen des Meeres fürchten sie. Es gibt andere. Sie wollen das Meer erleben. Und je öfter sie unterwegs gewesen sind auf dem Meer, desto mutiger werden sie. Sie überlassen das Steuer nicht einfach irgendeinem Kapitän. Wenn es auch nur ein kleines Schiff ist, sie nehmen das Ruder selbst in die Hand. Und vor allem: sie erkunden das Meer, auf dem sie unterwegs sind. Dem einen oder der anderen gelingt es, einen Schatz zu finden oder gar zu heben. Wenn schon nicht einen Schatz, so haben sie doch an Erfahrung gewonnen, die sie weiter schenken können. Auch das Meer der christlichen Tradition ist voller Schätze. Und vor allem: Die Schiffe sind längst nicht alle zum selben Ziel unterwegs. Menschen werden älter: und die Fragen stellen sich immer wieder neu und vor allem radikaler: Wohin geht die Reise eigentlich? Wer ist der Steuermann, dem ich mich da lange Zeit ziemlich bedenkenlos anvertraut habe? Es gibt Menschen, die lassen sich durch das Lebensmeer einfach treiben. Der Wind bestimmt die Richtung. Anderen ist das Ziel wichtig. Sie steuern sogar gegen den Wind – wie Jesus, der sich zu den verzagten Jüngern im Boot gesellte, als das Meer zu toben begann und Untergangsstimmung aufkam. Ein Lebensweg kann spannend sein wie eine Reise auf See. Und er kann genau so langweilig sein. Die anvertrauten Lebensgüter gut über das Meer zu bringen. Nach verborgenen Schätzen im Meer zu suchen, das eine oder andere Mal eine Kostbarkeit zu heben. Das ist möglich. Glauben hat mit Schatzsuche zu tun. Jesus verdeutlicht das im Gleichnis vom Schatz, der in einem Acker vergraben war. Glaubend älter werden meint, den Schatz im eigenen Leben zu entdecken. Wer ihn gefunden hat, wird vieles zurücklassen, um an diesen Schatz zu kommen. Der Seefahrer wird möglicherweise Ballast abwerfen, um das Kostbarste der Fracht zu retten. Und manchmal wird er froh sein, mit heiler Haut, mit dem Lebens selbst davongekommen zu sein.
Impuls
Glaubenssorgen
Es sind nicht immer die großen Ereignisse, die einen Menschen bewegen. Die Heilige Schrift weiß auch um die gewöhnlichen Sorgen. So beschreibt das Buch Sirach (Kapitel 42) die Sorgen eines Vaters um seine Tochter, die für ihn der größte Schatz seines Lebens ist:
Eine Tochter ist für den Vater ein Schatz, den er hütet, die Sorge um sie nimmt ihm den Schlaf: in ihrer Jugend, dass sie nicht verschmäht wird, nach der Heirat, dass sie nicht verstoßen wird, als Mädchen, dass sie nicht verführt wird, bei ihrem Gatten, dass sie nicht untreu wird, im Haus ihres Vaters, dass sie nicht schwanger wird, im Haus ihres Gatten, dass sie nicht kinderlos bleibt.Jesus Sirach 42,9–10
. . . denn wo dein Schatz ist
Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen, sondern sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören und keine Diebe einbrechen und sie stehlen.Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. Mt 6, 19–21