„Christus ist auch mitten unter den Kochtöpfen“, sagt Teresa von Avila. Nur wer Gottes Gaben schätzt, kann in aller Wirklichkeit Gott finden und sich im Alltag zurückschenken.
„Mein geistliches Leben? Fünfzehn Minuten Gebet am Tag, wenn es gut geht. Ist Gott mir fremder geworden, seit ich Familie habe und so viel zu tun ist?“, meint Franziska, eine junge Mutter von zwei Kindern. Ich frage nach. Es zeigt sich, dass Franziska früher eher Einzelgängerin war, viel gelesen und auch gebetet hat. Jetzt wird sie meist innerhalb der Familie gebraucht, ist mit Freun-dinnen zusammen und tut kleine Dienste in der Pfarrgemeinde.
Berufen zum Du
Franziska ist einen guten Weg gegangen, auch wenn sie jetzt weniger Zeit im Gebet verbringen kann. Tatsächlich ist sie freier für den lebendigen Gott, der ihr im Nächsten begegnet, und für den konkreten Dienst. Sie ist tiefer in ihre christliche Berufung hineingewachsen. Dies schon deshalb, weil sie Beziehung und ewige Bindung an ein konkretes Du, an ihren Mann, gewagt hat. „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt“(Gen 2, 18), heißt es schon am Beginn des Schöpfungsberichts. Gott selbst ist Gemeinschaft, er hat mit seinem Volk einen Bund geschlossen und in Jesus intensive Beziehungen gelebt, in der Familie, in Freundschaften, im Jüngerkreis, in der Zuwendung zu den vielen. Und Gott itentifiziert sich so sehr mit dem Menschen, dass wir ihm begegnen, wenn wir anderen begegnen. „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan!“ (Mt 25, 40) Franziska ist gewachsen vom Ich zum Du. Gottes Geist bringt in Beziehung, führt zur Kirche, lässt Menschen ein ewiges Ja zu einem anderen oder zu einer Gemeinschaft im Glauben sagen.
Gott in allen Dingen finden
Berufung ist zuerst ein Empfangen, ein Annehmen der Gaben Gottes. Darin drückt sich der Schöpfer aus, „er erhält alles“, „er lebt in allem“ und er ist es, der sich jede Minute „in allem für mich müht“. „Liebe die ganze Schöpfung Gottes!“, schreibt Dos-tojewskij, „dann wirst du auch Gottes Geheimnis in den Dingen erfassen.“ Selbstverständlich, „Christus ist auch mitten unter den Kochtöpfen!“, so die hl. Teresa von Avila. Nur wer Gottes Gaben schätzt und liebt, kann in aller Wirklichkeit Gott finden und sich so mitten im Alltag zurückschenken, kann Hingabe leben.
Die rechte Absicht suchen
Dem hl. Ignatius von Loyola, Gründer des Jesuitenordens, war es besonders wichtig, die rechte Absicht bei allem zu suchen: Was habe ich im Blick, worauf schaue ich? Ist es der „Schöpfer und Erlöser meines Lebens“ und „das Heil der anderen“, so wird dies mein Reden und Tun prägen und verändern. Ich werde ein Mensch des Friedens, der Güte, der Hingabe, ein „Berufener“. Menschen mit reiner Absicht wirken heilend. Schiefe Absicht verdirbt den Charakter und behindert das Leben.Froh machende Nachfolge Nach anfänglichen Widerständen hat vor 450 Jahren der spanische Haudegen Franz Xaver sein Leben radikal verändert und ist der große Missionar Asiens geworden. Eine leidenschaftliche Liebe zu seinem „lächelnden Christus von Javier“ hat ihn bei allen Mühen getragen und sein Leben fruchtbar gemacht. Man nannte ihn in Asien „alegre“, den „Fröhlichen“. Denn „wenige Menschen ahnen, was Gott aus ihnen machen würde, wenn sie sich ihm ganz überließen“ (Ignatius). Gottes Wort ist Botschaft des Lebens. Es tröstet und wirbt zugleich um entschiedene Nachfolge für den Dienst am Leben der Menschen. Die bedeutsame Frage: Ist in mir Raum für das Wort, das mich sucht, das mich herausruft – mitten im Alltag?
Erfülltes Leben trotz unerfüllter Wünsche
Von Anfang an kümmert sich Gott um jede/n von uns ganz persönlich, aber sein Werben ist freilassend. Deshalb kann seine Stimme auch überhört werden. „Wähle das, worin Du mehr liebender Mensch sein kannst!“, ermutige ich suchende Menschen. Denn „am Abend des Lebens werden wir nur nach der Liebe gefragt“ (hl. Johannes vom Kreuz). Je älter wir werden, desto deutlicher wird uns auch die Gebrochenheit des Lebens bewusst. Wurde uns die Gnade zu einem mutigen christlichen Lebensentwurf geschenkt und mühen wir uns tagtäglich um Treue darin, so kann bei aller Begrenztheit und durch Krisen hindurch die Erfahrung gemacht werden: Mit Gott gibt es erfülltes Leben trotz unerfüllter Wünsche!
Berufen
P. Josef Maureder SJ, Autor der vierteiligen Kirchenzeitungs-Reihe zum „Jahr der Berufung“ ist Jesuit und Psychologe. Er ist für die Berufungspastoral seiner Ordensprovinz verantwortlich und leitet das Haus Manresa in Linz, einen Ort, wo Menschen ihre Berufung klären können. Weitere Informationen und Anfragen: www.haus-manresa.at oder haus-manresa.at@jesuiten.org
BedenkText
Nicht ich, sondern du.Nicht ich allein, sondern ich in dir.Nicht einfach du, sondern du in mir.Ich in deinen Verheißungenund du in meinen Gedanken.Ich in deinem Willenund du in meinen Taten.Ich in deiner Gnadeund du in meinen Händen.Ich in deiner neuen Weltund du in meinem Alltag.Nicht ich, sondern du.Nicht ich allein, sondern ich in dir.Nicht einfach du, sondern