Ausgabe: 2005/10, Sonntag, Dompfarrer, Feldkirch, Bischof, Stein, Herz, Tod
09.03.2005
- Rudolf Bischof
In der Zeit Jesu war ein Grab mit einem großen Stein verschlossen, der nicht so leicht zu entfernen war. Manchmal kennen wir dieses Gefühl, dass so etwas wie ein Stein auf uns liegt und uns blockiert, uns nicht mehr leben lässt. Er kann der Ballast der Vergangenheit oder auch die Angst vor der Zukunft sein, von der wir überfordert sind. Dieser Stein kann auch ein Zeichen dafür sein, dass eine Beziehungsgeschichte in unserem Leben erstarrt ist. Eine steinerne Wand ist zwischen die Partner getreten.
Jesus lässt diesen Stein, der dazwischen liegt, entfernen. So kann die Beziehung selbst zu dem Toten wieder hergestellt werden. Dadurch erscheint der Tote lebendig. Die Schwere der Trennung wird von der Seele genommen. Damit auch wir diesen Schritt zu neuem Leben wagen können, müssen die Steine entfernt werden, die unser Leben blockieren.
Damals war ein Mensch auch in Totenbinden eingewickelt. Sie haben alle Sinne verdeckt. Diese Totenbinden sollen abgenommen werden, alles was die Sinne eingeengt hat, soll weggenommen werden.
Diese Steine und Totenbinden zu entfernen, heißt, Beziehungen wieder neu zu leben. Es heißt, uns zu öffnen für die herrlichen Botschaften der Natur, für die Befreiungsgeschichten der Bibel, für die ermunternden Worte der Menschen um uns, für Musik, für Bilder und Hoffnungstexte, die uns weiterführen.
Wir sollen unsere Sinne neu öffnen, damit wir die Umgebung neu wahrnehmen. Wir sollen wach werden für die Hoffnungsräume, die uns umgeben. Dann können wir die Angst verlieren und es wird uns ein Stein vom Herzen genommen. Wir können die Übersicht über unser Leben neu gewinnen und das Bedrängende versinken lassen. Der Atem, der schwer war, darf die Leichtigkeit des Lebens spüren. An uns liegt es, diese Schritte zu wagen und wieder aufzustehen. Wir dürfen neu aufeinander zugehen.